Lange ist es nicht mehr bis zur Bundestagswahl am 22. September 2013. Die Redaktion hat in den vergangenen Tagen die Spitzenpolitiker und queerpolitischen Sprecher aller relevanten Parteien gebeten, drei Fragen zu beantworten. Fragen, die so formuliert sind, dass man auf sie nicht mit verbalen Leerhülsen antworten kann. Wir werden täglich die eingehenden Antworten veröffentlichen, Ihr könnt Euch so ein Bild machen davon, welche Partei am ehesten und vor allem am glaubwürdigsten queere Interessen in den Parlamenten vertritt.
queerpride.de: Wenn eine homosexuelle Frau bzw. ein homosexueller Mann Sie fragen würde, warum sie/er Ihre Partei wählen soll – was würden Sie antworten?
Sebastian Ahlefeld: Die FDP war die erste Partei in einem Parlament, die sich für die Gleichstellung von homosexuellen in Deutschland eingesetzt hat und dies in einer Zeit, wo die Mehrheit der Deutschen gegen eine Gleichstellung war. Mittlerweile sind bis auf die CSU und ein Großteil der CDU, alle Parteien für eine Öffnung der Ehe, Öffnung des Adoptionsrechtes und der Gleichstellung in vielen anderen Lebensbereichen. So hat das Kabinett von Union und FDP noch vor der Sommerpause die Gleichstellung in der Einkommenssteuer und im Ehegattensplitting beschlossen und wird einen Gesetzesentwurf in der nächsten Periode im Parlament zur Abstimmung vorlegen.
Eine homosexuelle Frau und ein homosexueller Mann sollte bei seiner Entscheidung am 22. September nicht nur danach schauen, wie die Parteien über Gleichstellung denken, sondern auch danach schauen, was die einzelnen Parteien für die Menschen und für Deutschland machen wollen. Und da ist die FDP die einzige Partei, die den Menschen ihre Freiheit und ihre Eigenständigkeit bewahren will. Wir wollen nicht den Menschen vorschreiben, wie sie ihren Alltag verbringen sollen, in dem wir verbieten. Für die FDP steht der Schutz des Einzelnen und der Schutz seiner Daten vor allem Anderen. Wir wissen, dass die Menschen in unserem Land jeder unterschiedlich und einzigartig in seiner Person ist, und daher wollen wir keinen Einheitsbrei in der Bildungspolitik. Die Zahlen der letzten vier Jahre zeigen, dass es Deutschland besser geht als denn je. Auch eine lesbische Frau und ein schwuler Mann wollen eine gesicherte Arbeit, eine stabile Politik mit einem stabilen Haushalt mit weniger Schulden und mehr Freiheit.
Benennen Sie bitte ein, zwei markante Erfolge, die Ihre Partei im Deutschen Bundestag beziehungsweise in den Parlamenten der Länder für homo- und transsexuelle Menschen erzielen konnte!
Wir konnten als FDP den Großteil der steuerlichen Ungleichbehandlung beenden, trotz eines schweren Koalitionspartners in diesen Fragen. Zu einer beruflichen und gesellschaftlichen Gleichstellung haben wir als FDP dort eingegriffen, wo es als Bundesregierung / Bundespartei möglich ist. So haben wir eine Gleichstellung im Beamten-, Richter- und Soldatengesetz eingeführt und die Bundesstiftung Magnus- Hirschfeld unter der Aufbauleitung der Justizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger errichtet, die seit dem zur Aufarbeitung und Zukunftsgestaltung für LGBTI- Fragen eine hervorragende Arbeit für die Gesellschaft leistet. Dirk Niebel war der erste Entwicklungshilfeminister der Hilfsgelder für bedürftige Länder, die Homosexuelle und Transsexuelle strafrechtlich verfolgen, eingestellt hat, um so eine gesetzliche Änderung in diesen Ländern zu erzwingen. So wurde z. B. die Strafbarkeit von Homosexualität in Uganda aufgehoben.
Mit Blick auf die kommende Wahlperiode nach dem 22. September 2013: Was konkret wollen Sie in vier Jahren für die Homo- bzw. Transsexuellen in Deutschland erreicht haben beziehungsweise welche Ziele verfolgen Sie?
Die FDP wird weiterhin für eine Öffnung der Ehe und das Adoptionsrecht kämpfen. Das Transsexuellengesetz soll weiter reformiert werden, denn die Entscheidung soll beim Betroffenen liegen und nicht bei Ärzten. Darüber hinaus muss eine Gleichstellungskultur in Schulen und Arbeit ausgebaut werden. Lehrer müssen verpflichtet werden, in der pädagogischen Ausbildung sich mit LGBTI-Fragen zu beschäftigen. Das noch heteronormative Weltbild in den Schulen und im Schulmaterial muss auflockert werden und andere Lebensentwürfe aufnehmen. So lange in der Kinder- und Jugendbildung zwischen „normal“ und „nicht normal“ Unterschiede gemacht werden, wird es weiterhin einen Prozess der Ausgrenzung von Personen und Personengruppen geben, den es zu verhindern gilt. Dabei muss die Politik und die Gesellschaft noch enger zusammenarbeiten, denn dies wird ein Prozess der länger andauert als die der rechtliche Gleichstellung.