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Jugendliche testen Akzeptanz gegenüber Schwulen, Lesben, Bis und Trans*-Personen

Anyway
© Screenshot YouTube

Das Coming-out gehört für schwule, lesbische, bisexuelle und trans* Jugendliche zum Erwachsenwerden dazu. Erst wenn Familie und Freunde Bescheid wissen, lebt es sich frei und offen. Aber leider gibt es noch oft Vorbehalte. Fast jeder zweite Jugendliche (45 Prozent) erlebt nach einer aktuellen Studie Diskriminierung in der Familie.

Um die Probleme von Jugendlichen im Coming-out sichtbar zu machen, haben Jugendliche aus Köln und Umgebung in Videoexperimenten ihre Umwelt getestet. Ihre Leitfrage dabei: Wie viel wissen Mitmenschen über Schwule, Lesben, Bisexuelle und Trans*-Personen und welche Vorbehalte tragen sie in ihren Köpfen?

Schwul & rausgeflogen – ein soziales Experiment

Für einige Jugendliche endet das Coming-out mit einem Rauswurf aus dem Elternhaus. Diese Situationen haben die Jugendlichen nachgestellt und sind in die Rolle eines Obdachlosen geschlüpft. Unweit der Kölner Szeneviertels rund um die Schaafenstraße platzierten sie sich und testeten: Wer gibt Geld für einen obdachlosen schwulen Jugendlichen? „Wir hatten viele Reaktionen.

Teilweise haben sie gar nicht gegeben, obwohl wir sie explizit darauf angesprochen haben“, sagt Leon, der sich als Obdachloser verkleidet hat. Aber es gab auch viele, die geholfen haben. Er und die anderen jugendlichen Videomacher stellten außerdem fest: Wenn eine Person zur queeren Community gehört, dann ist die Bereitschaft zu helfen größer.

Akzeptanz – Trans* oder cis?

Reporter Klaas vom Anyway Videoprojekt ging hingegen der Frage nach, ob Passanten sehen können, ob eine Person trans* oder cis-geschlechtlich (cis = Anatomie und gefühltes Geschlecht stimmen überein) ist. Und Reporter Moritz bat Kölner*innen, einer Gruppe junger Frauen die Schilder „Lesbisch“, „Heterosexuell“ und „Bisexuell“ zuzuordnen.

Auch wenn sich einige Menschen weigerten, die Schilder zu verteilten, bedienten die meisten doch die eigenen Klischeevorstellungen und versuchten anhand dieser die Schilder den Frauen zuzuordnen.

Mit Satire gegen die besorgten Eltern und die AfD

Neben den verschiedenen Tests haben sich die Jugendlichen auch mit aktuellem Geschehen auseinandergesetzt. Das Erstarken von rechten Gedanken in Deutschland haben sie in einem Satirebeitrag aufgegriffen.

Unter dem Titel „Ausstieg aus der Homolobby“ haben sie den jungen Mann Florian P. portraitiert, der in einem Moment der Schwäche der sogenannten Homolobby beigetreten ist. „Das war der reinste Horror für mich. Das wünsche ich keinem jungen Menschen“, sagt Florian P. im Beitrag rückblickend. Gespielt wird er von Damian.

Er versteht das Video ebenso als Akzeptanztest: „Ich bin gespannt, wie die Zuschauer*innen auf diesen Beitrag reagieren – vor allem aus dem rechten Lager. Denn deren Vorurteile haben wir perfekt überzeichnet.“

Nicht satirisch, dafür aber ganz ernst ist die Geschichte von Philipp. Als 9-jähriger ist er ins Kinderheim gekommen. Dort machte er mit 11 Jahren seine ersten Erfahrungen mit Jungen. Ein Coming-out gegenüber den Erziehern kam für ihn aber zunächst nicht in Frage. Wie es für ihn weiterging, dass erfahren die Zuschauer im Video.

Das Ziel: Kein Coming-out soll mehr nötig sein

Entstanden sind die Videos in einem Kooperationsprojekt des Jugendzentrum anyway sowie des Vereins Coming Out Day, beide aus Köln. „Auch in einer Stadt wie Köln als eine der LGBT*- freundlichsten Deutschlands zeigt sich, dass es noch immer Klischeedenken und Unwissen gegenüber Schwulen, Lesben, Bi und Trans*-Personen gibt.

Deswegen braucht es noch mehr Akzeptanzarbeit. Erst wenn ein Coming-out nicht mehr nötig ist, sind wir am Ziel bei 100% Gleichstellung“, sagt Sven Norenkemper, Vorstand des Coming-out-Day e.V. Und Falk Steinborn, Medientrainer, fügt hinzu: „Die queeren Jugendlichen im Projekt haben verstanden, dass auch sie etwas für Akzeptanz tun können – und zwar mit Videos, die sichtbar machen, dass es noch viel zu tun gibt.“ Diese sind ab sofort auf YouTube zu sehen.

Bild: Screenshot YouTube.

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