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Aktionsbündnis gegen Berliner CSD e. V.: 2015 kommt die Neuauflage

CSD Berlin Streit
© Sebastian Hesse /CC-BY-SA 2.0 (via Flickr Commons)

Morgen finden in Berlin drei CSD’s statt, viele träumen davon, dass das ein einmaliger Vorgang sein wird. Sie irren sich gewaltig!

Aktionsbündnis gegen Berliner CSD e. V.: Neuauflage 2015

Spätestens das schwullesbische Straßenfest am vergangenen Wochenende im Berliner Nolli-Kiez hat es zutage befördert: LGBT-Menschen, die bereits eine Woche vor dem CSD aus dem Rest der Republik angereist waren, verstehen überhaupt nicht, was in der sogenannten „Community“ der Hauptstadt seit Monaten abgeht. Und viele derer, die glauben, es verstanden zu haben, waren richtiggehend sauer auf die Akteure, weil sie nicht begreifen können, wie es eigentlich zu dem Zerwürfnis des Berliner CSD e. V. mit dem später gegründeten Aktionsbündnis CSD Berlin 2014 kommen konnte. „Kindergarten!“. „Absurd!“. „Affig!“. „Peinlich!“ – das waren noch die freundlicheren Bewertungen, die die Redakteure dieses Onlinemagazins zu hören bekamen. Derweil bemühen sich sowohl der Vorstand des Berliner CSD e. V., als auch die Gegenseite, die Wogen ein wenig zu glätten. Während einer Pressekonferenz des Aktionsbündnisses sagte Ralph Ehrlich von der Berliner Aids Hilfe (BAH), man gehe davon aus, dass die CSD-Zerklüftung in diesem Jahr ein einmaliger Vorgang bleiben werde. Da möchte man ihm zurufen: „Vergiss es, Ralph!“. Wahlweise auch „Vergiss es, Reinhard!“, denn Reinhard Thole vom Vorstand des Berliner CSD e. V. sagt in etwa dasselbe. Das war’s aber schon mit den Gemeinsamkeiten.

Romy Haag bringt die Dinge auf den Punkt

Beide Seiten winden sich wie verrückt, wenn danach gefragt wird, was denn die zwingenden Voraussetzungen sein dafür müssen, damit man nach dem morgigen CSD tatsächlich wieder zueinander findet. Dann erhält man Antworten, die man ansonsten nur vom deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier kennt: Schwammig, unverbindlich und damit vollkommen nichts sagend. Das mag verständlich sein, die bösen Journalisten wollen ja immer gerne eine Schlagzeile, und vielleicht haben beide Seiten ja wirklich den Traum, im nächsten Jahr wieder gemeinsam den CSD zu stemmen, wozu gehört, dass man im Vorfeld keine Maximalforderungen veröffentlicht, die jegliche Fusionsbemühungen im Keim ersticken würde. Doch nicht nur der Autor dieses Beitrags ist überzeugt davon, dass dieser Traum unerfüllt bleiben wird. Warum? Die große Entertainerin Romy Haag (Foto), die keine aktive Rolle im operativen Geschäft des Aktionsbündnisses innehat, dieses aber morgen mit einem Auftritt unterstützen und damit ein mächtiges Statement abgeben wird, hat es auf den Punkt gebracht: Sie hat sich mit den Abtrünnigen auch deshalb solidarisiert, weil der CSD „zu kommerziell geworden ist“. Darüber hinaus kritisiert sie, dass es bei den Finanzen des Berliner CSD e. V. keine Transparenz gibt und fordert hieraus resultierend: „Alles muss offengelegt werden!“ Sie hat recht. Sie wird aber kein Recht bekommen.

Und was wird aus Robert Kastl?

Besonders ausschweifend beim Rumeiern sind die Aktionsbündler dann, wenn ihnen eine der heikelsten Fragen gestellt wird. Kann der Geschäftsführer des Berliner CSD e. V., Robert Kastl, tatsächlich mit am Tisch sitzen, wenn man nach dem CSD wieder zusammenfinden will? Schmallippig kommen dann diese unsäglichen Steinmeier-Platitüden, und der Fragesteller fragt sich, warum? Dies, weil die Lage doch glockenklar ist. Die Personalie Kastl steht in diesem Streit im Zentrum, Kastl also, der sich in dem Namensstreit STONEWALL versus CSD zeitweise benommen hat wie die Axt im Walde. Sein Agieren im Verlaufe der CSD-Foren hat dazu geführt, dass er für nicht wenige in der sogenannten „Community“ gar zum Feindbild verkommen ist. Mehr noch, manche verspüren in dieser chaotischen Gemengelage, in der echte Argumente keine Chance mehr hatten und wohl auch weiter haben werden, einen abgrundtiefen Hass, wenn sie sich zu Robert Kastl äußern. Dass es soweit kommen musste, auch das muss gesagt werden, ist nicht Robert Kastls alleinige Schuld. Wie dem auch sei: „Das Tischtuch ist zerschnitten!“, hat der SPD-Abgeordnete Tom Schreiber im Februar queerpride.de gesagt, und jeder, der das, was in der sogenannten „Community“ in Berlin in den letzten Wochen abging, verfolgt hat, weiß, dass dies genau so ist und auch so bleiben wird, wenn der Berliner CSD e. V. im Sinne dessen, was Romy Haag fordert, keine Kurskorrektur vornehmen wird. Wer tatsächlich glaubt, dass dies passieren wird, der glaubt auch an den Weihnachtsmann. Und deshalb muss man bei realistischer Betrachtung der Berliner Situation zu der Erkenntnis gelangen, dass es auch 2015 drei CSDs geben wird. Doch die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

Written by Holger Doetsch

Holger Doetsch ist Bankkaufmann, Redakteur und Autor verschiedener Bücher, unter anderem "Elysander" und "Ein lebendiger Tag". Im Journalismus kennt er alle Seiten des Tischs, er publiziert in mehreren Zeitungen und Onlinemedien, war Pressesprecher (u. a. in der letzten DDR-Regierung) und unterrichtet seit 1995 Journalismus, PR sowie Rhetorik an verschiedenen Hochschulen.

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