in

Schwule Nazis

Ein Eklat war geboren, es war dies ein Schlag ins Gesicht der Preisverleiher, von dem diese sich bis heute nicht erholt haben. Und van Dijk vergißt auch nicht, die harsche Kritik von Butlers Professorenkollegin Sarah Schulman niederzuschreiben, die am 22. November 2011 in der „New York Times“ der deutschen Lesben- und Schwulenbewegung vorwarf, „Stellungnahmen zu veröffentlichen“, in denen „Muslim-Immigranten als Feine der Gays“ angeprangert würden.

Wer viele Gemeinsamkeiten hat, übernimmt nicht selten auch das Denken der Anderen. Wer also versucht, sich dem Phänomen der schwulen Nazis zu nähern, kommt nicht umher, Schwule und Nazis auf ihre Gemeinsamkeiten hin abzuklopfen.

Und wer das konsequent tut, mag danach gar die überaus provokante Frage stellen, warum Schwule eigentlich keine Nazis sein sollen oder sein dürfen. Beide, Schule und Nazis, neigen zur Glorifizierung von Personen, und nur selten wird dabei hinterfragt, ob denn jene Glorifizierung auch eine nachvollziehbare Begründung nach sich zieht. Beide neigen zu unzuverlässigen Pauschalisierungen und Generalisierungen. Und: Beide Gruppen, Schwule wie Nazis, pflegen munter ihre Klischees.

Ideologieverbrämte Nazis dünsten rückwärtsgewandt ihre Lust am ewig gestrigen Herrenmenschentum aus, ritualdynamisch stellen sie dabei die in ihren Augen Bösen an den Pranger: Juden, Schwarze, Andersdenkende, Linke, Schwule. Der Nazi fühlt sich in seinem Handeln als ein reaktionärer Solitär, und wer sich den braunen Ideologien nicht anschließen mag, ist Gewürm. Klischee!

Klischee? Ideologieverbrämte Schwule hingegen interessieren sich kaum für die Vergangenheit, auf den CSDs und Straßenfesten ist Party angesagt, der Hedonismus tobt, die sexuelle Orientierung wird, um noch einmal Lutz van Dijk zu zitieren, “ zu einem qualitativen Persönlichkeitsmerkmal erhoben“, und ritualdynamisch stellen sie dabei die in ihren Augen Bösen an den Pranger: Unionsanhänger, Papstfans, Alte, Homophobe, Nazis.

Der Schwule fühlt sich in seinem Handeln als ein reaktionärer Solitär, und wer sich den queeren Ideologien nicht anschließen mag, ist gemein oder gar gemeingefährlich. Klischee! Klischee?

Written by Holger Doetsch

Holger Doetsch ist Bankkaufmann, Redakteur und Autor verschiedener Bücher, unter anderem "Elysander" und "Ein lebendiger Tag". Im Journalismus kennt er alle Seiten des Tischs, er publiziert in mehreren Zeitungen und Onlinemedien, war Pressesprecher (u. a. in der letzten DDR-Regierung) und unterrichtet seit 1995 Journalismus, PR sowie Rhetorik an verschiedenen Hochschulen.

Homophobie auf Facebook

Tonight It's Me

Tonight It’s Me (Gay Kurzfilm)