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Kommentar: Die LSU jubelt. Und blamiert sich bis auf die Knochen

Ehe für Alle Ehegattensplitting Verschläft die SPD die Eheöffnung?
© Deutscher Bundestag/Lichtblick/Achim Melde

Der Bundesverband der Lesben und Schwulen in der Union (LSU) hat vor wenigen Minuten eine Pressemitteilung herausgegeben, die eine einzige Jubelarie ist. Inhalt:

Die Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben „nahezu einstimmig“ beschlossen, das, was ihnen die Karlsruher Verfassungsrichter gestern einmal mehr ins Stammbuch geschrieben haben, noch vor der Sommerpause umzusetzen (siehe unsere Eilmeldung). In wenigen Wochen ist es also soweit: Homosexuelle, die in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft zusammenleben, werden beim Ehegattensplitting heterosexuellen Paaren gleichgestellt. Das ist wunderbar.

Was aber soll dieser LSU-Jubel? Will die LSU der Öffentlichkeit jetzt vielleicht weismachen, wie super diese Bundesregierung doch eigentlich funktioniert? Oder will die LSU uns etwa unterjubeln, sie hätte einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass diese Bundesregierung nun endlich handelt?

Oder hat es die LSU gar im Sinn, den Eindruck erwecken, die Union hätte die Lesben und Schwulen im Tiefsten ihres Herzens ja eigentlich ganz doll lieb? Nichts Genaues weiss man nicht, aber der LSU sei gerade heute klar und deutlich gesagt, dass sich in den letzten Monaten nicht nur ihre beiden Mutterparteien bis auf die Knochen blamiert haben in punkto Gleichstellung von Homosexuellen, sondern die LSU mit dieser aktuellen Pressemitteilung direkt mit.

Man hätte von der LSU heute erwarten können, dass sie sich öffentlich schämt dafür, dass CDU/CSU nichts aber auch gar nichts für die Homosexuellen tat und das, was sie jetzt tut, nur unter Zwang geschieht. Man hätte von der LSU erwarten können, dass sie die Hinhaltetaktik, das Nichtstun gar der Union öffentlich kritisiert.

Jetzt aber so zu tun, als rotiere diese Bundesregierung, damit Lesben und Schwule so schnell wie möglich rechtlich gleichgestellt werden, das muss der LSU Hohn und Spott einbringen. Also, liebe LSU: Den Ball nun schön flach spielen. Dies, weil gestern nicht zum ersten Mal klar geworden ist, dass dieses Land nicht aus Berlin, sondern aus Karlsruhe regiert wird. Und das ziemlich gut!

Foto: Deutscher Bundestag/Lichblick/Melde

Written by Holger Doetsch

Holger Doetsch ist Bankkaufmann, Redakteur und Autor verschiedener Bücher, unter anderem "Elysander" und "Ein lebendiger Tag". Im Journalismus kennt er alle Seiten des Tischs, er publiziert in mehreren Zeitungen und Onlinemedien, war Pressesprecher (u. a. in der letzten DDR-Regierung) und unterrichtet seit 1995 Journalismus, PR sowie Rhetorik an verschiedenen Hochschulen.

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