Es gibt Karikaturen, die bringen schwierige Sachverhalte trefflich auf den Punkt. Eine dieser Karikaturen findet sich heute in der „Berliner Zeitung“:
Eine ältere Frau mit einer Mütze, auf der „CDU“ steht, sitzt am Steuer eines Autos und fragt ihr „Angi-Navi“: „Wie ist meine Route in Sachen Homo-Ehe (…)?“ Und das „Angi-Navi“ mit einem Konterfei von Angela Merkel antwortet: „Abwarten, wie sich die Dinge entwickeln, und dann der Mehrheit folgen!“
Hier wird etwas zugespitzt, was man den Führungsstil der Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel nennen könnte: Abwarten eben! Und so versucht sie in einer aufgebrachten Unionsfraktion, den Streit um die Gleichstellung der Homo-Ehe mit dem bezeichnenden Satz abzumildern: „Lassen Sie uns miteinander reden und dann entscheiden!“ Redet so jemand, der führen und gestalten will?
Nein, und politische Beobachter fragen sich zunehmend: Was ist eigentlich mit der Union los? Erst tut sie (gemeinsam mit der FDP) in Sachen „Homo-Rechte“ nichts und wartet auf entsprechende Urteile der Verfassungsrichter.
Dann fordern eben jene Verfassungsrichter CDU/CSU und FDP auf, vorhandene Diskriminierungen von Homosexuellen zu tilgen, woraufhin die Union wieder nichts tut. Zumindest nicht das, was Karlsruhe eindeutig verlangt. Die einzige Aktivität, die CDU/CSU an den Tag legt, besteht seit Tagen im öffentlichen Streit über die weitere Vorgehensweise.
Die Fraktionsführung der Union im Deutschen Bundestag, hier ist insbesondere der mächtige Volker Kauder zu nennen, kündigte einen Kurswechsel von CDU/CSU an, also das, was das Bundesverfassungsgericht fordert. Daraufhin poltert CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, dessen Intellektuellenbrille in völligem Gegensatz zum inhaltlichen Gehalt seiner Plattitüden steht, die Christsozialen wollten sich „in dieser Frage nicht drängen lassen“.
Was darin gipfelte, dass die Mitglieder der Bundestagsfraktionen über Kauders „Kurswechsel“-Ankündigung toben. Andere wiederum wie etwa Wolfgang Schäuble üben sich im Relativieren und einflussreiche CDU-Politiker wie Bundesvorstandsmitglied Regina Görner drängen zur gebotenen Eile, damit die Vorgaben des BVerfG umgesetzt werden (siehe queerpride-Interview).
In einer solch unübersichtlichen Gemengelage wäre eine straffe Führung erforderlich. Klare Ansagen also und das Aufzeigen von Zeiträumen, wann denn nun was zu beschließen ist.
Dies alles schon deshalb, weil davon auszugehen ist, dass das Bundesverfassungsgericht sehr wahrscheinlich noch in diesem Jahr eine vollständige Gleichstellung Homosexueller fordern wird. Warum handelt diese Bundesregierung also nicht? Politik, so hat es Max Weber bereits 1919 in seinem Vortrag „Politik als Beruf“, genannt, bedeutet „Leidenschaft“ und die Notwendigkeit des „Bohrens dicker Bretter“.
Beides ist bei dieser Bundesregierung unter der Führung von Angela Merkel nicht einmal ansatzweise erkennbar.
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