Regina Görner ist seit zwölf Jahren Mitglied im Bundesvorstand der CDU. 2010 trat sie der LSU, den Lesben und Schwulen in der Union bei, seit 2012 sitzt sie auch dort im Bundesvorstand. Bereits seit den 1980er Jahren macht sich Frau Görner für eine Besserstellung von Homosexuellen in der Gesellschaft stark. Geschadet hat ihr dieses Engagement nie, 1999 bis 2004 war sie sogar saarländische Ministerin für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales. Wie geht es nun weiter in Sachen „Homorechte“? Bewegt sich die Union in dieser Frage und wohin? Und wie anerkannt sind Lesben und Schwule in der CDU/CSU wirklich? Mit Regina Görner sprach queerpride-Autor Holger Doetsch:
Queerpride: Frau Görner, sind Sie homosexuell?
Görner: Nein, das bin ich nicht.
Und warum sind Sie dann Mitglied bei den Lesben und Schwulen in der Union (LSU), sind gar Mitglied im Bundesvorstand?
Weil ich gegen Diskriminierung bin und finde, dass auch Heterosexuelle sich
engagieren sollten, damit es mit der Gleichstellung von Homosexuellen
vorangeht.
Können Sie sich vorstellen, warum nicht wenige Homosexuelle sich die Augen reiben, wenn sie in diesen Tagen die Zeitung aufschlagen?
Ja, weil sich eben viel bewegt in der Union. Nachdem wir auf dem
CDU-Bundesparteitag im letzten Dezember die Abstimmung leider verloren
haben (in dem Antrag, den Frau Görner mit unterstützte und einbrachte,
ging es um die steuerliche Gleichstellung von Homosexuellen – die Red.) ist
ja einiges geschehen, und das hat offensichtlich dazu geführt, dass eine
entsprechende Initiative, die ich bereits im Sommer des letzten Jahres in
den CDU-Bundesvorstand ergriffen habe, nun doch Früchte trägt.
Aber es ist doch merkwürdig, dass die Union nun so tut, als habe sie die
Homosexuellen schon immer in ihr Herz geschlossen…
Das kann ich nun nicht erkennen, ich sehe im Gegenteil noch immer genügend
Widerstände, und endgültig entschieden ist da noch nichts. Aber es ist
ein gutes Zeichen, dass die Fraktionsführung der Union im Deutschen
Bundestag offensichtlich zu neuen Erkenntnissen gekommen ist und sich der
Meinung anschließt, die ich bereits seit Monaten vertrete.
Einer der sogenannten „Wilden 13“ in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der Abgeordnete Stefan Kaufmann, meint, die Union hinke bei notwendigen Initiativen zur Gleichstellung Homosexueller hinterher. Das zeigt doch, dass die Union in dieser Angelegenheit bisher schlicht gepennt hat, zumal das Urteil des Bundesverfassungsgerichts doch absehbar war…
Das sehe ich genauso wie Sie, und ich habe das im Parteivorstand schon im September
so gesagt. Es war falsch, diese Thematik monatelang nicht anzupacken. Wir
hätten bereits im letzten Sommer die Dinge auf den Weg bringen können.
Doch offenbar brauchte es erst das Karlsruher Urteil zum Adoptionsrecht,
ehe sich die Unionsspitze bewegen konnte. Aber Sie haben schon recht: Wir
hätten das früher machen sollen.
Was muss nun genau geschehen, beziehungsweise was werden Sie denn nun dem CDU-Bundesvorstand vorschlagen?
Das Heft des Handelns liegt ja nun in erster Linie in der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, und ich hoffe, dass das, was die Karlsruher
Richter beim Adoptionsrecht verlangen, vor der Bundestagswahl im September
in Kraft treten kann. Ich habe die Fraktionsführung im übrigen so
verstanden, dass sie die Initiative ergreifen will. Dazu sollte sie auch
auf die Opposition zugehen, und ich fände es gut, wenn jetzt in einem
Rutsch auch die notwendigen Änderungen in steuerlichen Fragen, Stichwort
Ehegatten- bzw. Familiensplitting, angepackt würden. Diesbezügliche
Gesetzesänderungen aber werden vor der Bundestagswahl kaum zu regeln sein.
Aber angeblich liegen entsprechende Gesetzentwürfe doch in den Schubladen
der zuständigen Ministerien. Warum also erst nach der Bundestagswahl im
September?
Die Formulierungen in Sachen steuerliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher
Lebenspartnerschaften wird man sicher haben. Aber ich glaube zum Thema
Familiensplitting müssen noch eine Reihe von Detailfragen geklärt werden,
und hier sollten wir nicht übereilt handeln und dann Fehler machen.
Frau Görner, mal Hand aufs Herz: wie akzeptiert sind Lesben und Schwule in der CDU/CSU eigentlich wirklich?
So ähnlich wie in der Gesellschaft insgesamt. Es gibt immer noch
Vorurteile und die Vorstellung, dass die Welt am besten so bleiben soll wie
man sie gerne hätte. Ich kenne das übrigens auch aus einem meiner anderen
Betätigungsfelder, den Gewerkschaften: Wir haben schöne Beschlusslagen,
doch bleibt es trotzdem schwierig, für die notwendige Akzeptanz im
Alltagzu sorgen. Deswegen hat die IG Metall die Aktion „Respekt“, und
hierhin gehört natürlich auch das Werben um Respekt für Menschen mit
anderen sexuellen Orientierungen.
Wie einflussreich ist die LSU in der Union?
Die LSU keine ja offizielle Organisation in der CDU ist sondern nur ein
Arbeitskreis, aber sie wird inzwischen in der Union wahrgenommen. Es ist
uns gelungen, das Thema auf den Parteitag zu bringen, auch wenn wir noch
keine Mehrheit hatten. Die LSU ist aufmüpfiger geworden als früher, und
sie ist besser in der Union vernetzt. Das hat auch damit zu tun, dass neben
mir eine ganze Reihe anderer Heterosexueller LSU-Mitglied geworden sind,
zum Beispiel die langjährige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth oder
aber meine DGB-Kollegin Ingrid Sehrbrock.
Frau Görner, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.