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CDU-MdB Spahn im queerpride-Interview: Homosexualität „entspricht voll unserem Wertekanon“

Der homosexuelle CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn (32) hat im Interview mit queerpride betont, Homosexualität entspreche vom Grundsatz her „voll“ dem Wertekanon der CDU. Auch sieht er nach dem Bundesverfassungsgerichts-Urteil (BVerfG), welches eine rechtliche Gleichstellung von Homosexuellen verlangt, Veränderungen in den Diskussionen innerhalb der Union.

Es sei insgesamt nicht gut, wenn die Politik bei absehbaren Urteilen der Verfassungsrichter diesen „hinterher hecheln“ würde, so Spahn, der im Gespräch mit queerpride-Autor Holger Doetsch zugleich fordert, die Politik sollte nun auch „die einkommensteuerrechtliche Gleichstellung gleich mit regeln“:

queerpride: Herr Spahn, nach dem Verfassungsgerichtsurteil aus der vergangenen Woche – Was wird beziehungsweise was muss die Union jetzt tun?

Jens Spahn, MdB: Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit dem Urteil die Rechte homosexueller Lebenspartner bei Adoptionen gestärkt hat, scheint der Widerstand innerhalb der CDU gegen die Gleichstellung zu brechen. Zwei Menschen lieben sich und entscheiden sich rechtlich verbindlich, dauerhaft Verantwortung und Fürsorge füreinander zu übernehmen, einen gemeinsamen Bund zu schmieden.

Das entspricht voll unserem Wertekanon, wenn man bereit ist, die eigenen Werte in eine moderne Gesellschaft und ihre Ausformungen zu übersetzen und nicht an althergebrachten Institutionen festzumachen. Wir sollten diese Debatte als Union endlich offensiv führen, als Wertedebatte, in der wir an der Seite all derjenigen Menschen stehen, die in diesem Land Verantwortung für sich und andere übernehmen, in guten wie in schlechten Zeiten.ƒ

Sie sehen also wirklich ein Umdenken in der Union? Bisher hatte man eher den Eindruck, CDU/CSU mauern…

Schon seit Jahren wird die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften in der CDU ebenso wie in der Gesamtgesellschaft diskutiert. Wie sollte es bei einer Volkspartei auch anders sein?

Aber die jüngsten Urteile des Bundesverfassungsgerichts, welches beim Beamtenrecht, der Erbschafts- und Grunderwerbssteuer und jetzt bei der sogenannten Sukzessivadoption eine Gleichstellung als verfassungsrechtlich geboten erkannt hat, haben die Diskussion auch in der Union noch mal befeuert. Es ist auf Dauer für den Gestaltungsanspruch des Parlaments nicht klug, ständig absehbaren Urteilen des Verfassungsgerichts hinterher hecheln zu müssen.

Denkt die Union daran, weitergehende Verbesserungen für Homosexuelle in die Wege zu leiten, die über das aktuelle Urteil BVerfG-Urteil hinausgehen, zum Beispiel im steuerlichen Bereich?

Neben der nun durch das Verfassungsgericht geforderten Regelung zur Sukzessivadoption sollten wir insbesondere die einkommensteuerrechtliche Gleichstellung gleich mit regeln. Das ist schon deswegen logisch, weil gleichgeschlechtliche Lebenspartner exakt die gleichen Pflichten haben wie Eheleute, etwa Unterhalt bei Scheidung oder Arbeitslosigkeit, aber eben nicht die gleichen Rechte. Die entsprechenden Formulierungen gibt es alle, das könnte man schnell regeln.

Herr Spahn, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Bild: © Deutscher Bundestag/Lichtblick/Achim Melde

Written by Holger Doetsch

Holger Doetsch ist Bankkaufmann, Redakteur und Autor verschiedener Bücher. Im Journalismus kennt er alle Seiten des Tischs, er publiziert in mehreren Zeitungen und Onlinemedien, war Pressesprecher und unterrichtet seit 1995 Journalismus, PR sowie Rhetorik an verschiedenen Hochschulen.

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