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Das CDU-Präsidium hat nach einem zweiwöchigen Streit in der Partei beschlossen, der steuerlichen Gleichstellung von homosexuellen Lebenspartnerschaften eine Absage zu erteilen. Die Christdemokraten begründen das damit, dass der Parteitag im Dezember 2012 dies eben so entschieden habe, und man sich dem Votum der Delegierten nun einmal unterordnen müsse. Damit macht die CDU klar, dass ihr der unausgegorene Wille von Delegierten aus Obertupfingen und Unterdorfingen, die Konservativismus fälschlicherweise gleichsetzen mit Rückwärtsgewandtsein, wichtiger ist als bestehende Urteile beziehungsweise deutliche Signale des Bundesverfassungsgerichts. Man könnte es auch so formulieren: Die CDU tritt den Richtern des höchsten deutschen Gerichts gehörig in den Hintern.
Mehr noch: Sie pullert gar ihrem eigenen Generalsekretär Hermann Gröhe an beide Beine, der im Herbst 2012 auf einer Regionalkonferenz unmissverständlich klargemacht hat, dass in Deutschland unterschiedliche Lebensentwürfe nicht gegeneinander aufgerechnet werden dürften. Auf derselben Tagung übrigens hatte die CDU-Chefin, Bundeskanzlerin Angela Merkel, klargemacht, dass Familie überall dort ist, wo „Eltern dauerhaft für Kinder Verantwortung übernehmen“. Von Hetero-Eltern sprach sie da übrigens nicht. Tja, und nun? Rolle rückwärts! Aber warum nur? Warum pocht die Union auf ihren Status als Volkspartei, wenn sie doch weiß, dass Dreiviertel der Deutschen überhaupt kein Problem mit der Homo-Ehe haben?
Wer die Union und ihre Verweigerungshaltung bei Homo-Ehe verstehen möchte, der muss nur einzelne Teilnehmer der Bundestagsfraktionsitzung in der vergangenen Woche beziehungsweise der gestrigen CDU-Präsidiumssitzung befragen. Tut man das, dann bekommt das „C“ im Parteinamen von CDU/CSU eine ganz neue Bedeutung. Chaotisch nämlich soll es zugegangen sein, und das Niveau der Diskussionen, so ein CDU-Parlamentarier, sei geradezu „unterirdisch“ gewesen. Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Joachim Pfeiffer, habe nicht wenige geradezu erschrocken, weil die Art und Weise, wie der Mann in der Debatte das Wort „Schwule“ ausgespuckt habe, sei beängstigend gewesen. Und als ob das noch nicht genug ist, ließ CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer aus München ausrichten, „Homos“ seien nicht der „Kern seiner Wahlkampfbemühungen“. Aha. Es geht also nicht um Menschen, sondern es geht um „Wahlkampfbemühungen“ der CSU. Ein Tusch für die Partei, die das Christliche als Alleinstellungsmerkmal zu verteidigen versucht.
Wie dem auch sei: Das Karlsruher Verfassungsgericht wird wohl in den nächsten Wochen weitere Gleichstellungsurteile fällen, denn die Verfassung dieses Landes, die für CDU/CSU ob des inneren Parteifriedens offenbar nur eine untergeordnete Rolle zu spielen scheint, lässt gar nichts anderes zu. Untertupfingen also hin, Oberhachingen also her – die Union kann sich auf den Kopf stellen, denn die Homo-Ehe wird genauso kommen wie das Familiensplitting, von dem dann auch Homosexuelle steuerlich profitieren können. Dies wird, sofern die Union die Bundestagswahl im September gewinnen sollte und die Regierungschefin stellt, dann umsetzen müssen, und einmal mehr wird sich die Union den Vorwurf gefallen lassen müssen, dass sie nicht gehandelt hat, sondern nur willfährige Getriebene sind.