In Deutschland dürfen homo- und bisexuelle Männer seit den 1980er Jahren wegen des HIV-Risikos dauerhaft kein Blut spenden. Doch die Stimmen mehren sich, wonach Schwule und Blutspende kein Gegensatz mehr sein darf. Schluss mit der Diskriminierung fordert etwa die grüne Landtagsfraktion in Hessen in einer aktuellen Resolution, aber auch der Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs meint: „Die Diskriminierung beim Blutspenden muss beendet werden!“ CDU/CSU zeigt sich verhaltener und stuft die Diskussion nicht als eine politische, sondern als eine medizinische ein.
Schwule und Blutspende: EU gegen Diskriminierung
„Aufgrund heute verfügbarer und zwingend angewendeter Testverfahren jeder einzelnen Spende ist es (…) nicht vermittelbar, warum ein Bevölkerungsteil von der Spende ausgeschlossen ist“, so Kahrs, selbst schwul, in einer Erklärung. Die hessischen Grünen wiederum stellen fest, der Ausschluss von homo- und bisexuellen Männern sei „nicht sachgerecht“, und ob jemand Blutspender sein dürfe oder nicht, sei keine Frage der Sexualität, so Kai Klose, lesben- und schwulenpolitischer Sprecher in hessischen Landtag und Vorsitzender der Grünen. Insbesondere der Fragebogen, den jeder vor der Spende ausfüllen muss, stelle eine Diskriminierung dar und müsse überarbeitet werden. Es kommt also kräftig Bewegung in die Sache, seit Ende der Woche der Generalanwalt der Europäischen Union (EU), Paolo Mengozzi, in Luxemburg klargestellt hat, dass ein generelles Blutspende-Verbot für schwule und bisexuelle Männer in Deutschland und anderen europäischen Ländern „nicht mit europäischen Recht vereinbar“ sei. Eine sexuelle Beziehung zwischen zwei Männern sei „für sich allein kein Verhalten, das einen dauerhaften Ausschluss vom Blutspenden rechtfertigen würde“, so Mengozzi, der das Verbot eine „indirekte Diskriminierung“ nannte.
Etliche Länder lehnen Verbot von Blutspende ab
Dass bisexuelle und schwule Männer unter Generalverdacht stehen, wurde europa- und weltweit schon in etlichen Staaten erkannt und das Blutspendeverbot aufgehoben: Schweden, Australien und Großbritannien, um nur einige Beispiele zu benennen, haben ebenso mit dieser diskriminierenden Regelung aufgeräumt wie Österreich, Polen und Spanien, wo das Blut von bi- und homosexuellen Männern überhaupt nicht mehr von dem anderer Spender unterschieden wird. Doch die Bundesärztekammer (BÄK) sowie das Robert-Koch-Institut (RIK) blieben in dieser Angelegenheit über einen langen Zeitraum hinweg hart und betonten immer wieder, dass Schwule und Bisexuelle eben ein höheres Risiko hätten, das HI-Virus zu übertragen. Stolz wird bis heute auf „die hohe Sicherheit der Blutprodukte“ verwiesen, und im übrigen gäbe es ja auch keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Blutspende. Das RIK wiederum verweist allzu gerne auf Schätzungen, wonach die Gruppe der Männer, die mit Männern Sex haben (in Fachkreisen als „MSM“ betitelt – die Red.), 2013 mit 53 Prozent noch immer die größte Gruppe unter den HIV-Neudiagnosen sei. Schwule hätten ein zirka hundertfach häufigeres Ansteckungsrisiko als heterosexuelle Männer, Manfred Bruns vom Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) hält dagegen, indem er betont, dass Menschen, die in einer festen homosexuellen Partnerschaft leben, eben nicht automatisch ein höheres Risiko für HIV hätten.
CDU/CSU: Medizinische, keine politische Entscheidung
Gutes Blut, böses Blut… Um es mit anderen Worten zu beschreiben: Ein Mann, der seit Jahren mit seinem Partner monogam lebt, darf kein Blut spenden, ein Heterosexueller jedoch, der jedes Wochenende eine andere Frau abschleppt, schon, sofern er entsprechende Fragen in dem Bogen, der jedem Blutspender vorgelegt wird, wider besseres Wissen beantwortet. Viele Ärzte haben erkannt, dass vom Heterosexuellen mit einem polygamen Sexleben ein ungleich höheres Risiko ausgeht, weshalb sich auch die BÄK inzwischen ein wenig zu bewegen scheint. Ein genereller Ausschluss von Schwulen sei nicht mehr zeitgemäß, hört man inzwischen von dem Verband, der damit offensichtlich auf den EU-Protest Mengozzis reagiert. Man warte nun auf politische Vorgaben, doch auch hier gibt es unterschiedliche Auffassungen. Schon vor geraumer Zeit hat der homosexuelle CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn, betont, es handele sich um eine medizinische und nicht um eine politische Entscheidung. Immerhin: „(…) Wir sollten aber grundsätzlich froh sein um jede und jeden, der mit seiner Blutspender anderen Menschen helfen möchte, egal ob hetero- oder homosexuell“, so Spahn weiter.
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