in

CSD Berlin 2014 braucht neue Route! Warum nicht Neukölln?

© Klafubra /CC-BY-SA 3.0 (via Wikimedia Commons)

Der „Berliner CSD e. V.“ hat es in diesen Tagen nun wirklich nicht leicht. Erst kommt massive Kritik von fast allen lesben- und schwulenpolitischen Organisationen an der Arbeit des Vereins (queerpride.de berichtete), und nun scheint auch noch klar zu sein, dass die gewünschte Route beim CSD 2014 nicht genehmigt wird.
Das berichtet zumindest die „Berliner Morgenpost“ in ihrer heutigen Ausgabe. Vorrang vor dem CSD soll das Bezirksamt Mitte, mit dem der „Berliner CSD e. V.“ seit längerem im Klinsch liegt, einem Public Viewing gegeben haben, denn am CSD-Tag, dem 21. Juni 2014, spielt im Rahmen der Fußball-WM Deutschland gegen Ghana. Doch ist das denn wirklich schlimm, dass die LGBT-Community nicht vor dem Brandenburger Tor feiern darf? Nein, ganz im Gegenteil! In diesen Tagen ist im Zusammenhang mit dem CSD viel von der Notwendigkeit eines Back to the Roots! zu hören. Dies im Zusammenhang damit, dass die in der Berliner LGBT-Community engagierten Vereine und Verbände bei Entscheidungen ein stärkeres Mitspracherecht haben wollen, als es der „Berliner CSD e. V.“ ihnen zur Zeit gewährt. Doch Back to the Roots! könnte doch auch heißen, dass der Christopher Street Day endlich wieder zu dem werden muss, was er ursprünglich einmal war. Eine Demonstration mit dem Ziel, alle, und hier sind insbesondere heterosexuelle Andersdenkende gemeint, ins Boot zu holen. Ja, der CSD hat unverändert die Aufgabe, für die Belange der LGBT zu werben und dabei zu unterstreichen: Wir sind, was wir sind! Dies hartnäckig, aber ohne Verbissenheit. Insofern ist es gut, wenn der CSD bunt, frech und laut ist. Politische Botschaften müssen und können da nicht unterbleiben. Aber wer sagt eigentlich, dass die CSD-Route andauernd in einem exklusiven Ambiente sich bewegen und vor prestigeprächtigen Bauten wie dem Brandenburger Tor seinen Höhepunkt finden muss? Und es ist doch eigentlich hirnrissig, wenn der CSD sich schwerpunktmässig durch Gegenden wie dem Nolli-Kiez bewegt, wo den Teilnehmern sowieso in allererster Linie Menschen zujubeln, die der LGBT-Szene zugehörig sind oder als Heterosexuelle Toleranz und Akzeptanz wirklich leben. Dass der Berliner CSD sich nun eine neue Route suchen muss, ist eine riesengroße Chance! Der CSD sollte in diesem Jahr dort stattfinden, wo nicht wenige Menschen leben, die Homosexuelle noch immer als Außerirdische sehen. Dahin muss der CSD also gehen, nach Neukölln zum Beispiel, nach Lichtenberg oder Marzahn. Das wäre ein wirkungsvolles und mutiges Signal!

Written by Holger Doetsch

Holger Doetsch ist Bankkaufmann, Redakteur und Autor verschiedener Bücher, unter anderem "Elysander" und "Ein lebendiger Tag". Im Journalismus kennt er alle Seiten des Tischs, er publiziert in mehreren Zeitungen und Onlinemedien, war Pressesprecher (u. a. in der letzten DDR-Regierung) und unterrichtet seit 1995 Journalismus, PR sowie Rhetorik an verschiedenen Hochschulen.

„Berliner CSD e. V.“ weist Kritik zurück. Keine CSD-Gala 2015?

Gegen Homophobie und Ausgrenzung – in Russland und anderswo