Lange ist es nicht mehr bis zur Bundestagswahl am 22. September 2013. Die Redaktion hat in den vergangenen Tagen die Spitzenpolitiker und queerpolitischen Sprecher aller relevanten Parteien gebeten, drei Fragen zu beantworten. Fragen, die so formuliert sind, dass man auf sie nicht mit verbalen Leerhülsen antworten kann. Wir werden täglich die eingehenden Antworten veröffentlichen, Ihr könnt Euch so ein Bild machen davon, welche Partei am ehesten und vor allem am glaubwürdigsten queere Interessen in den Parlamenten vertritt.
queerpride.de: Wenn eine homosexuelle Frau bzw. ein homosexueller Mann Sie fragen würde, warum sie/er Ihre Partei wählen soll – was würden Sie antworten?
Maria Meisterernst & Illi Reichardt: Bündnis 90/Die Grünen setzen sich für die Belange der verschiedenen Gruppen in der queeren Community ein. Wir wollen die vollständige Öffnung der Ehe und eine Gleichbehandlung aller Familienmodelle. Für uns ist wichtig, die Akzeptanz gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans* und Intersexuellen durch nachhaltige Maßnahmen dauerhaft zu fördern. Nicht vergessen werden dürfen die Opfer des § 175, diese wollen wir endlich rehabilitieren. Außerdem wollen wir eine Änderung der Asylpraxis erreichen. Längst überfällig ist die Reform des Transexuellengesetzes (TSG), hier sollten Freiheit und Selbstbestimmung das Leitbild sein. Für uns Grüne ist der Schutz von intersexuellen Kindern wichtig, „geschlechtsanpassende“ Operationen im Kindesalter müssen abgeschafft, Krankenakten für 40 Jahre aufgehoben werden.
Benennen Sie bitte ein, zwei markante Erfolge, die Ihre Partei im Deutschen Bundestag beziehungsweise in den Parlamenten der Länder für homo- und transsexuelle Menschen erzielen konnte!
Im Jahr 2001 haben wir Grünen mit der SPD die eingetragene Lebenspartnerschaft eingeführt, damals als erster Schritt zur Gleichstellung gedacht, gilt es endlich die volle Gleichstellung zu erreichen. Wir wollen eine Ehe für Alle. Einen Aktionsplan für Vielfalt, wie es ihn inzwischen in Nordrhein-Westfalen, Rhein- land-Pfalz oder Berlin gibt, wollen wir auch auf Bundesebene auflegen. In diesem Rahmen werden mit den verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren Maßnahmen gegen Homo- und Transphobie entwickelt.
Mit Blick auf die kommende Wahlperiode nach dem 22. September 2013: Was konkret wollen Sie in vier Jahren für die Homo- bzw. Transsexuellen in Deutschland erreicht haben beziehungsweise welche Ziele verfolgen Sie?
Nach vier Jahren Stillstand unter Schwarz-Gelb und diversen Urteilen des Bundesverfassungsgerichts, muss es endlich vorangehen in der Gleichstellungspolitik. Für die Öffnung der Ehe ist alles bereit, im Bundesrat gibt es eine Mehrheit, nur der neu gewählte Bundestag muss noch zustimmen. Keine weitere Verzögerung darf es bei der Rehabilitierung der Opfer des §175 geben. Für die Wähler*innen steht jedoch mehr zur Wahl als „nur“ die Öffnung der Ehe. Kinder aus Regenbogenfamilien wollen wir stärken, die Mitverantwortung von sozialen Eltern rechtlich anerkennen. Familie ist da, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen und natürlich da, wo Kinder sind. Das Transsexuellengesetz muss sich endlich an den Bedürfnissen von Transgendern und Transsexuellen ausrichten. Wir wollen die Pathologisierung beenden und die Menschenwürde sichern. Die Beratungsstruktur und Selbsthilfe muss verbessert und gesichert werden, genauso wie die Leistungen der Krankenkassen. Im Bereich von Intersexualität wollen wir die „geschlechtsanpassenden“ Operationen im Kindesalter abschaffen, gleichzeitig die Beratung für Eltern und Kinder stärken. Die Krankenakten sollen 40 Jahre aufgehoben werden. Auch möchten wir die Asylpraxis dahingehend ändern, dass Menschen, die Aufgrund ihrer geschlechtlichen oder sexuellen Identität in Deutschland Asyl beantragen, eine dauerhafte Perspektive durch eine Verbesserung der Asylpraxis geboten bekommen.