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Homosexuelle in Russland: Sündenböcke für alles

Olympiaboykott
© pixabay/PublicDomainPictures

Die Lesben- und Schwulenfeindlichkeit in Russland nimmt immer mehr zu, und neue Umfragen zeigen: Homosexuelle werden von der Bevölkerung für alles Schlechte verantwortlich gemacht. Wie die aktuelle Ausgabe von „Russland HEUTE“, die deutschsprachige Zeitung wird regelmässig den großen deutschen Blättern beigelegt, berichtet, sind 66 Prozent der Russen Homosexuellen gegenüber negativ bis feindlich eingestellt (davon 71 Prozent Männer, 61 Prozent Frauen). „Russland HEUTE“ ist eine kritische Zeitung, die über Dinge berichtet, die die staatstreuen Medien in Russland gerne verschweigen.

Homosexualität als „Kultur des Todes“

Positiv werden Gays lediglich von knapp einem Prozent der Russen eingestuft. Homosexualität bedeutet hingegen für 43 Prozent der befragten Russen eine „schlechte Angewohnheit“, satte 32 Prozent sind überzeugt davon, dass es sich um eine (Geistes)Krankheit beziehungsweise um ein Trauma handelt. Andrej Kurajew, ein in Russland viel gelesener Autor und Professor an der Moskauer Kirchenakademie, sagte zu dieser Umfrage jetzt in einem Interview: „Wir müssen verstehen, dass die Kultur der Homosexualität die Kultur des Todes ist. Weil sie eine kinderlose Welt bedeutet, (…)“. Eingebettet in solche schwulen- und lesbenfeindliche Haltungen passt, dass immer mehr Politiker in Russland zugeben, dass das Land den schwulenfeindlichen Paragrafen 121 im Jahr 1993 nur deshalb abgeschafft hat, weil Russland so Zugang zum Europarat bekam. Es handelte es sich also mitnichten um einen Schritt der Toleranz oder gar der Akzeptanz.

Schwule und Lesben ins Gefängnis?

Dass viele Russen Homosexuelle zu Sündenböcken für alles machen, ist seit den 1990er Jahren so, als Homosexualität im Zuge der Europarat-Debatte zunehmend in das Blickfeld der Öffentlichkeit rückte. Seitdem sind Lesben und Schwule für viele Russen für alles Schlechte verantwortlich: Von der Demoralisierung der Armee bis hin zur abnehmenden Geburtenrate. 2002, drei Jahre nachdem auch Russland die Richtlinien der Weltgesundheitsorganisatin WHO akzeptiert hatte, worunter auch gehört, dass Homosexualität eine „normale sexuelle Orientierung“ sei, forderten etliche Abgeordnete im russischen Parlament, homosexuelle Menschen bis zu fünf Jahren ins Gefängnis zu sperren. Dass das Gesetz dann doch nicht verabschiedet wurde, lag damals nur daran, weil Russland dann seinen Platz im Europarat verloren hätte.
Weitere Informationen unter www.russland-heute.de

Written by Holger Doetsch

Holger Doetsch ist Bankkaufmann, Redakteur und Autor verschiedener Bücher, unter anderem "Elysander" und "Ein lebendiger Tag". Im Journalismus kennt er alle Seiten des Tischs, er publiziert in mehreren Zeitungen und Onlinemedien, war Pressesprecher (u. a. in der letzten DDR-Regierung) und unterrichtet seit 1995 Journalismus, PR sowie Rhetorik an verschiedenen Hochschulen.

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