Seit wenigen Monaten steht jede „Propaganda für nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen“ in der russischen Föderation unter Strafe. Das trifft zunehmend auch eine russische Traditionskunst: Das Ballett.
So werden Stücke, die sich mit dem Thema Homosexualität beschäftigen, entweder nicht mehr in die Spielpläne aufgenommen, oder Teile des Publikums, so geschehen in Petersburg beim „Tod in Venedig“, verlassen demonstrativ den Zuschauerraum. John Neumeier, Direktor des Hamburger Balletts, das in Russland sehr beliebt ist, überrascht das nicht.
In einem Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“ (Ausgabe 25. September 2013) betonte er eher die Überraschung darüber, dass das verbliebene Publikum zu einem Pas-de-deux mit Lloyd Riggins und Edvin Revazov „begeistert applaudiert haben“.
Homosexualität in russischen Balletts erlebt der US-amerikanische Tänzer und Choreograf Neumeier als etwas, das nur sehr verhalten oder aber gar nicht behandelt wird. Er selbst thematisiere das in Russland auch nicht, sage aber geradeheraus, was er denkt, sofern er gefragt wird. Im übrigen sei Homophobie in Russland auch nichts Neues.
Als Neumeier 1994 beim Petersburger Maja-Wettbewerb einen mit 10.000 US-Dollar dotierten Preis bekam, habe er bei der Verleihung gesagt: „Ich möchte das Geld der russischen Aids-Hilfe spenden.“ Anstatt dieses Statement wortwörtlich genau zu übersetzen, erklärte der Dolmetscher daraufhin: „Herr Neumeier möchte das Geld an kranke Menschen geben.“
Schon damals sei die Lage also „äußerst kompliziert“ gewesen, eine Situation, die mit dem neuen Gesetz allerdings noch verschärft werde: „Das Gesetz schürt in jedem Fall ein Klima der Diskriminierung und Gewalt (…).“
Bild: © dalbera from Nice /CC-BY-SA 2.0 (via Wikimedia Commons)