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Malta stärkt die Rechte trans- und intersexueller Menschen

© Public Domain CC0 (via google Images)

Fast könnte man es für einen Aprilscherz halten – schließlich hat ja auch der LSVD am gestrigen 1. April verkündet, »Mutti« habe in der Frage der Homo-Ehe einen 180 Grad-Schwenk vorgenommen – aber das Thema ist zu wichtig, um damit Scherz zu treiben: Der kleinste Mitgliedsstaat der EU hat einen bahnbrechenden Schritt zur Gleichberechtigung getan, einen Schritt, auf den wir in Deutschland wohl noch warten müssen. Immerhin ein Expertengespräch zum Thema fand jüngst statt (queerpride berichtete).

Der 1. April 2015 wird (hoffentlich) in die EU-Geschichte eingehen: Das maltesische Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, mit dem das Recht jeder Person auf Selbstbestimmung ihres Geschlechts einschließlich Identität, Ausdruck und Merkmalen anerkannt wird. Noch vor wenigen Jahren berücksichtigte die Rechtsprechung des Inselstaates trans- und intergeschlechtliche Menschen überhaupt nicht. Allerdings nahm das maltesische Parlament bereits am 14. April 2014 den Schutz der Geschlechtsidentität und der sexuellen Orientierung in die Verfassung auf. Mit dem neuen Gesetz ist die frühere britische Kolonie dem Beispiel Schwedens gefolgt, das als bislang einziges europäisches Land Transgender-Identität und -ausdruck als Diskriminierungsgrund anerkannt hatte.

Bevor wieder besorgte bzw. besorgniserregende Menschen auf den Plan gerufen werden: Das Gesetz stellt auch und besonders das Interesse betroffener Kinder in den Mittelpunkt. So können auch Minderjährige zukünftig mit Unterstützung der Eltern bzw. der Erziehungsberechtigten Namens- und Geschlechtsänderungen beantragen. Zugleich wurde ausdrücklich das Verbot von Genitaloperationen an intergeschlechtlichen Kindern verankert. Dies bleibt weiterhin ausschließlich volljährigen Erwachsenen vorbehalten. Des Weiteren wird im Gesetzestext Stellung zu Fragen der Gesundheit, der Anti-Diskriminierung sowie der Strafjustiz genommen.

Malta hat hier ein Gesetz verabschiedet, das vollinhaltlich die Kriterien des Europarats nach einem schnellen, transparenten und zugangsoffenen Verfahren erfüllt und auf der Eigendeklaration der betroffenen Menschen beruht. Das Verfahren, das einer notariellen Einleitung bedarf, muss innerhalb von 30 Tagen abgeschlossen sein.

Das Gesetz kommt zu einem spannenden Zeitpunkt: Die parlamentarische Versammlung des Europarates wird in ihrer Frühjahrssitzung vom 20. bis 24. April über die Diskriminierung transgeschlechtlicher Menschen in Europa beraten. Der Europarat verurteilt die Diskriminierung von Menschen, die ihr amtliches Geschlecht ändern möchten, auf das Schärfste. Eine entsprechende Resolution vom 20. März 2015 – Zitat: »The Assembly regrets that transgender people face widespread discrimination in Europe.« – wurde ohne Gegenstimme angenommen; sie ist die Grundlage der kommenden Abstimmung.

Übrigens: Selbst in Indien sind Transmenschen als Drittes Geschlecht schon seit dem 15. April 2014 höchstrichterlich anerkannt.

Weitere Informationen: www.tgeu.org

Written by Matthias Gerschwitz

Matthias Gerschwitz, Kommunikationswirt, ist seit 1992 in Berlin mit einer Werbeagentur selbständig. Seit 2006 schreibt er Bücher zu verschiedenen Themen (»Ich erzähle gerne Geschichte anhand von Geschichten«); vorrangig wurde er aber mit seinen Büchern über HIV (»Endlich mal was Positives«) bekannt. Matthias hat schon in der Vergangenheit gelegentlich und aus aktuellem Anlass Artikel für Queerpride verfasst. Anfang 2015 ist er fest zum »netzdenker«-Team gestoßen.

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