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Hitzlsperger und das Coming-out: In guter Gesellschaft

Das erste Coming-out eines Profifussballers in der 1. Bundesliga (queerpride.de berichtete) hat für erheblichen Wirbel gesorgt. Doch ist Thomas Hitzlsperger im Sport nicht der einzige, der diesen Schritt gewagt hat.
Viele Sportler haben ihr Coming-Out hinter sich, die meisten freiwillig, einer musste es auf Druck eines Ex-Partners zugeben. Der tragischste Fall ist zweifelsohne der des Justin Fashanu, den man getrost als den Mutigsten aller Coming-out-Sportler bezeichnen kann.

Justin Fashanu: Wenn Homosexualität zum Suizid führt

Der farbige Fussballer outete sich nämlich bereits 1990, als das fast überall noch ein Karriererisiko war. Und er war der erste, der sich dies als aktiver Spieler traute. Der Hass, der ihm daraufhin entgegengebracht worden war, war erheblich, in den Stadien erschallten homophobe und rassistische Parolen, sobald der Stürmer den Rasen betrat oder den Ball zugespielt bekam. Nach der Klage eines 17-Jährigen Mannes, der behauptet hatte, Fashanu habe ihn betrunken gemacht und hiernach vergewaltigt (was sich später als Lüge herausstellte) erhängte sich der unter einem enormen Druck stehende Justin Fashanu in seiner Garage bei London. Das schwule Bekenntnis des zweimaligen Olympiasiegers in der Kategorie „Eiskunstlauf“ von Barcelona 1992, Brian Orser, wurde von diesem nicht freiwillig abgegeben. Er machte es von sich aus erst da öffentlich, als ein Ex-Mann ihn 1998 auf Unterhalt verklagte. John Amaechi, ein früher NBA-Profi, outete sich in seiner Autobiographie „Man in the Middle“ und war damit der erste Basketballprofi, der dies tat. Der US-Fussballer Robbie Rogers wiederum verband Anfang 2013 sein Coming-out mit einem Rücktritt als Profispieler, spielt aber inzwischen wieder, weil ihm, wie er dem Gay-Magazin The Advocate verriet, klar geworden war, dass seine Homosexualität im negativen Sinne keine Rolle spielt. Der HIV-positive Wasserspringer Greg Louganis, der vier Mal Gold gewann bei den Olympischen Spielen, hatte sein Coming-out, nachdem er einen Unfall hatte (er prallte nach dem Absprung mit dem Hinterkopf auf das Absprungbrett) und ein Arzt die blutige Wunde ohne Handschuhe behandelte. Da habe er gewusst, so Louganis, dass „ich Verantwortung trage“ und bekannte öffentlich, den HI-Virus in sich zu tragen und homosexuell zu sein. Louganis ist inzwischen mit seinem langjährigen Lebenspartner Johnny Chaillot verheiratet (queerpride.de berichtete).

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Robbie Rogers © Longbomb /CC-BY-SA 3.0 (via Wikimedia Commons)
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Greg Louganis © Alan Light /CC-BY-SA 2.0 (via Flickr Commons)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mark Tewksbury verlor nach Outing einen lukrativen Werbevertrag

Dass ein Coming-out negative Auswirkungen auf den Kontostand eines Sportlers haben kann, zeigt der Fall des Kanadiers Mark Tewksbury. Der Schwimm-Olympiasieger von 1992 verlor nach seinem Coming-out einen lukrativen Werbevertrag explizit deshalb, weil er sich als Schwuler präsentiert hatte. Erfolgreicher verlief da das Ja! zur eigenen Homosexualität für Gareth Thomas, der sich Ende 2009 outete. Der Rugby-Schlussmann setzte sich in der „Pink list“ als „einflussreichster Homosexueller Englands“ an die Spitze. Derzeit ist geplant, sein Leben zu verfilmen. Zu einem Coming-out als politisches Bekenntnis hat sich vor kurzem der 50-jährige Brian Boitano entschieden. Er gehört der US-Delegation bei der bevorstehenden Winterolympiade in Sotschi an und outete sich aus Protest gegen die Homophobie in Russland, indem er erklärte: „(…), schwul zu sein ist (…) ein Teil von mir.“

 

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Tom Daley © flikr /CC-BY-SA 2.0 (via Flickr Commons)

Auch der Profiboxer Orlando Cruz outete sich, und dann gab auch noch der britische Wasserspringer Tom Daley das schwule Bekenntnis ab: „(…) Ich habe jemanden getroffen, der mich sehr glücklich macht. Und dieser Jemand ist ein Mann!“ Nun also Thomas Hitzlsperger, und der frühere Präsident des 1. FC Sankt Pauli, der schwule Cornie Littmann, meint: „Hitzlsperger macht es im Profifussball denen leichter, die das Coming-out noch vor sich haben.“ Der nächste also, bitte!

 

Titelfoto: © Egghead06 /CC-BY-SA 3.0 (via Wikimedia Commons)

Written by Holger Doetsch

Holger Doetsch ist Bankkaufmann, Redakteur und Autor verschiedener Bücher, unter anderem "Elysander" und "Ein lebendiger Tag". Im Journalismus kennt er alle Seiten des Tischs, er publiziert in mehreren Zeitungen und Onlinemedien, war Pressesprecher (u. a. in der letzten DDR-Regierung) und unterrichtet seit 1995 Journalismus, PR sowie Rhetorik an verschiedenen Hochschulen.

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