Schüchtern und verklemmt kommt der 18-jährige Colin aus Wales nach London, um eine Lehre als Herrenschneider zu beginnen. Er ist der »Smalltown Boy«, den Bronski Beat 1984 besungen hat, auch wenn er sich im Gegensatz zum Hintergrund des Songs gegenüber seiner Mutter, die ihn mit ihrer Zuneigung fast erdrückt, (noch) nicht geoutet hat.
Er mietet sich bei einer Zimmerwirtin ein, die ein striktes Regiment führt … und einen jungen, durchaus attraktiven Sohn hat. Man kann Colins Blicken entnehmen, dass hier – wenn auch zunächst noch im Verborgenen – ein Lebensentwurf aufblüht, ja förmlich explodieren will.
Aber auch in der Metropole hat er anfangs seine Identitätsprobleme, bis er in einem Kollegen (wunderbar gespielt von Neil Patrick Harris) einen Verbündeten findet – und schließlich in einer Bar den Kontakt zu den anderen Protagonisten knüpfen kann. Mit seinem Einzug in den »Pink Palace«, die Wohngemeinschaft der Hauptfiguren, streift er seine Schüchternheit ab und genießt das Leben in vollen Zügen – bis das Schicksal seinen Lauf nimmt …
Callum Scott Howells stand mit 13 Jahren zum ersten Mal auf einer Bühne und feiert mit der Rolle des »Colin« seine erste Hauptrolle auf dem Bildschirm. Auch wenn der 1999 Geborene die 80er Jahre nur vom Hörensagen kennt, fühlte er sich sofort vom Drehbuch angezogen.
Denn er empfand »It’s A Sin« als lebensecht geschriebene und universell gültige Geschichte – nicht zuletzt dank des Autors und Produzenten Russell T Davis, der schon mit »Queer as Folk« eine Ikone geschaffen hatte, und auch bei »It’s A Sin« den jungen Schauspielern mit Rat und Tat zur Seite stand.
Gleichzeitig war er aber auch verblüfft von den politischen Umständen jener Zeit. Filme, Musik, Mode, alles das war ihm zwar bekannt – aber wie die Gesellschaft mit Homosexuellen umging, das hat ihn doch mehr als schockiert. Ein absoluter Kontrast zum pulsierenden Leben, der Freizügigkeit und der Lebenslust!
Wenn er sein Geburtsjahr wählen könnte, verriet er in einem Interview, wäre er am liebsten in den 80ern aufgewachsen. Damals sei so Vieles möglich gewesen, was es heute nicht mehr gebe. Und kommt mit einem überraschenden Beispiel: Man ging damals einfach aus und feierte – niemand hatte ein Handy dabei und musste mit einem Video belegen, dass er Spaß hatte. Es ging um Ausgehen, um Tanzen und Feiern – nicht ums Posen und Posieren!
Auch der HIV-Hintergrund hat ihm die Augen geöffnet. »In den 80ern gab es die AIDS-Epidemie« ist ein schnell dahingesagter Satz – aber dass es sich bei jedem, der an diese Infektion verloren wurde, um einen Menschen mit einer Geschichte, einem Lebensentwurf, mit Träumen, Wünschen und Hoffnungen handelte, wird zu oft vergessen.
Rückblickend hätte er gerne schon früher etwas darüber erfahren – aber selbst in der Schule war das Thema wohl nicht wichtig genug. Durch »It’s A Sin« ist die Infektion für ihn greifbar geworden – sie hat (nicht nur ein) Gesicht bekommen. »Es half mir, die Unschuld und die Verzweiflung zu sehen … und die Unfähigkeit zu erahnen, was da noch alles kommen würde.«
Und so plädiert er für einen offenen Umgang mit HIV schon als Teil der Sexualerziehung. »It’ll save lives, for f**ks sake«, sagt er in einem Interview mit dem britischen Magazin PinkNews. Recht hat er.
Die Medienplattform Rakuten TV zeigt die Mini-Serie ab dem 20. Juni 2021 im Starzplay-Abonnement.
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»It’s A Sin«: Sündhaft ehrliche Mini-Serie über HIV im London der 80er
»It’s A Sin«: Ritchie Tozer – das Alter Ego von Olly Alexander