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»It’s A Sin«: Jill & Ash – solche Buddies braucht der Mensch

L-R Richie and Jill

Geht es um die filmische Darstellung von Homosexualität, werden immer noch viel zu oft althergebrachte – und zumeist nur in der Vorstellung heterosexueller Menschen existierende – Klischees bedient. Auch »It’s A Sin« kommt nicht ganz ohne sie aus – aber sie sind so sparsam und pointiert eingesetzt, dass sie sogar zum positiven Bild der Mini-Serie beitragen.

Sie finden sich in den Figuren »Jill« (Lydia West) und »Ash« (Nathaniel Curtis). Auch wenn diese Protagonisten im deutschen Sprachgebrauch eher als »Nebenrollen« bezeichnet würden, ist der englische Begriff »Supporting Actors« sehr viel treffender. Denn sie runden die Geschichte um Ritchie, Roscoe und Colin nicht nur ab, sondern verleihen ihnen die notwendige Tiefe, Wahrhaftigkeit und einen großen Schuss Emotion.

Jill Baxter – eben keine »Gaby« …

Zum Klischee: »Gaby« oder »fag hag« – das sind einige der nicht gerade freundlichen Bezeichnungen für Frauen, die sich gerne im Umfeld von schwulen Männern aufhalten, angeblich, weil sie keinen Mann abbekämen. Jill Baxter aber ist eben keine »Gaby«, sondern vielmehr so etwas wie der Klebstoff der Wohngemeinschaft im »Pink Palace«. Sie erdet ihre Mitbewohner, hat ein offenes Ohr, steht als Begleitung zur Verfügung und ist immer da, wenn sie gebraucht wird. Sie hat aber auch ein eigenes Leben, das in der Serie zwar nur angedeutet, aber doch spürbar ist. Und sie ist die treibende Kraft, als es um den Umgang mit der drohenden Gefahr kommt.

Für Lydia West muss diese Rolle schwierig gewesen sein, denn es existiert ein reales Vorbild. Russell T Davis hatte sich für »Jill Baxter« eine Freundin aus jener Zeit zum Vorbild genommen, die ebenfalls im Film mitwirkt – Jill Nalder als Jills Mutter »Christine Baxter«.

Darüber wurde Lydia West zwar erst kurz vor der ersten Leseprobe informiert, aber es hat sie beeindruckt: »Die Tatsache, dass ich ausgewählt wurde, einen Charakter zu spielen, der von jemandem inspiriert wurde, der Russell so nahe steht, ist einfach eine riesige Ehre und ich bin sehr stolz darauf«, wird sie bei »Entertainment Daily« zitiert. Russell T Davis hatte sie bereits in »Years & Years«, wo sie an der Seite von Russell Tovey, Rory Kinnear, Emma Thompson und Anne Reid spielte, kennen und schätzen gelernt.

Die dadurch geschaffene Vertrauensbasis ermöglichte ihr die stete Begegnung mit der, wenn auch vergangenen, Realität, aus der sie für sich viel mitgenommen hat – vor allem die Erkenntnis, dass sich 40 Jahre nach dem ersten Aufkommen von AIDS in Großbritannien kaum noch jemand an das Leid und die Verluste erinnern kann, weil nicht darüber gesprochen wird. Und das gilt wohl nicht nur für Großbritannien …

Ash Mukherjee – der Fels in der Brandung

Ernsthafte schwule Freundschaften bilden sich erstaunlich oft, weil die Verbindung funktioniert, obwohl das sexuelle Verlangen nicht zum Ziel geführt hat. Bei einem größeren Freundeskreis kommt eine Art Postenverteilung hinzu: Es gibt den Wortführer, der Türen öffnet … den Schüchternen, der seine Chancen erkennt … den Nutznießer, der sich im Glanz der Anderen sonnt … und es gibt Menschen wie Ash Mukherjee.

Er ist mit Jill Baxter befreundet, als er Ritchie kennenlernt – und der sieht in ihm das »heiße Eisen«, das es zu erobern gibt. Das auf Ash zutreffende Klischee ist vielleicht die etwas exotische Ausstrahlung, die ihn für Ritchie zum Objekt der Begierde macht, aber Ash ist eben nicht so oberflächlich wie manch Anderer – er entwickelt sich zu einem fürsorglichen, treuen und sensiblen Freund. Und er gehört zu den Figuren in einem Plot, die nicht auftragen – aber die eine große, unerklärliche Lücke lassen würden, wenn sie fehlen. Ash und Jill sind eben nicht nur die »Buddies« – sie sind der Unterbau der Clique.

Auch Nathaniel Curtis gehört zu den Newcomern im Schauspielgeschäft – und eben so zu den absoluten Entdeckungen. Aufgewachsen in der Nähe von Bournemouth mit halb indischen und halb englischen Wurzeln, entwickelte er nach Auftritten in Krippenspielen schon früh ein Faible für die Schauspielerei.

Aus einer Laune heraus bewarb er sich mit 19 Jahren an einer Schauspielschule und wurde – wahrscheinlich zu seiner eigenen größten Verwunderung – sofort angenommen. Er erhielt bereits eine »Offie«-Nominierung für seinen »Romeo« in Shakespeares berühmten Liebesdrama, spielte die Rolle des Ferdinand in »Der Sturm« und überzeugte am Londoner Regent’s Park Open Air Theatre in Jane Austens »Stolz und Vorurteil«.

Als er das Skript der ersten »It’s A Sin«-Episoden zum ersten Mal las, war seine spontane Reaktion zu den Figuren: »Ich habe mich komplett in sie alle verliebt und möchte sie einfach nur vor dem beschützen, von dem ich weiß, dass es passieren wird.«

© Rakuten TV, Ep.1 Ash

In der Rolle des Ash findet er sich auch selbst wieder: »Ash ist sehr interessant zu spielen, weil er nicht sehr viel sagt, aber er ist immer da.« Es ist diese absolute Unaufdringlichkeit, die seine Rolle so wichtig macht. Nathaniel Curtis hat selbst im Bildungswesen gearbeitet und fand durch die Beschäftigung mit »It’s A Sin« zu den – wie er sie nennt – »Peinlichkeiten der Geschichte«:

Er muss sich als Ash durch die Bücher der Schulbibliothek wühlen, um herauszufinden, dass LGBT nicht nur nicht stattfinden, sondern durch »Section 28« sogar noch extra diskriminiert wurden. Und es hat sich ein lang gehegter Wunsch erfüllt: »Als Teenager habe ich mich danach gesehnt, indische Männer nicht nur als Akademiker oder Comicfiguren zu sehen.« Das gelingt ihm ausnehmend gut: Nathaniel Curtis zeigt, dass (und wie) indische Männer sexy sein können. Auch dadurch wird »It’s A Sin« zu gelebter Vielfalt.

Die Medienplattform Rakuten TV zeigt die Mini-Serie ab dem 20. Juni 2021 im Starzplay-Abonnement.

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