Die Angaben über die Teilnehmerzahlen schwanken. 3.000 bis 5.000 sollen bei der gestrigen Demo „Enough is enough – Open your Mouth!“ gegen Homophobie in Russland mitmarschiert sein. Dies verkündete der Fernsehsender RBB in seinen Hauptnachrichten. Die Polizei wiederum spricht auf queerpride.de-Anfrage von 5.000 bis 7000 Demonstranten. Und die „Welt am Sonntag“ schreibt heute „mehrere Tausend Teilnehmer“. Einigkeit herrscht indes darin: Die Veranstaltung war ein großer Erfolg.
Schrill, laut und bunt machten die Demonstranten gestern der russischen Regierung klar, dass es so im Land nicht weitergehen kann. Homo-, Trans- und Intersexuelle würden diskriminiert, im Internet bloßgestellt oder gar verprügelt. Gewaltexzesse sind in Russland keine Ausnahme mehr, sondern der alltägliche Regelfall. Verantwortlich hierfür ist unter anderem das Ende Juni von Präsident Wladimir Putin in Kraft getretene „Gesetz gegen homosexuelle Propaganda“, und den Veranstaltern von „Enough is enough – Open your Mouth“ ging es mit der Demo insbesondere darum, der deutsche Bundesregierung und den Sponsoren der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi klar zu machen, dass sie sich gegen Homophobie einsetzen sollen und auch müssen: „Unterstützt uns, die diskriminierende Gesetzgebung gegen Homo-, Trans- und Intersexuelle in Russland abzuschaffen!“ wird auf der Homepage von „Enough is enough!“ gefordert. Dieses Ansinnen scheint zumindest bei den Sponsoren auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein, denn viele Unternehmen, Samsung etwa, Coca Cola oder Dow Chemical, waren gestern dabei. Auch etliche Prominente marschierten vom Kurfürstendamm über den Nollendorf- und Potsdamer Platz bis zur Russischen Botschaft Unter den Linden mit, zum Beispiel die Schauspieler Thomas Hermanns und Georg Uecker, der Filmemacher Rosa von Praunheim sowie die grüne Politikerin Renate Künast. Sie alle zeigten Solidarität mit Homosexuellen, nicht nur in Russland, sondern überall, wo Lesben, Schwule und Transen diskriminiert werden. Einer der Veranstalter war auch die Deutsche Aids Hilfe. Carsten Schatz, Vorstandsmitglied, sagte: „In Russland werden Menschenrechte mit Füßen getreten, das Gesetz verbietet ein offenes und selbstbestimmtes Leben dort.“ Mit lautem Jubeln wurde ein Brief des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Klaus Wowereit, aufgenommen, der seinen Amtskollegen in Moskau, Sergej Sobjanin, aufforderte, in Russland und seiner Hauptstadt zur Toleranz zurückzukehren (queerpride.de berichtete). Berlin und Moskau sind seit 1991 Partnerstädte. Der SPD-Politiker Tom Schreiber, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, begrüßte gegenüber queerpride.de die Initiative seines Parteifreundes Wowereit.
Foto: ms/queerpride.de