Conchita Wurst ist nach dem Gewinn des European Song Contest (ESC) als Gesamtkunstwerk eingeschlagen wie eine Bombe. Inzwischen aber ist es recht ruhig um sie geworden, und in der Szene fragt man sich: Was macht eigentlich Conchita Wurst?
Conchita Wurst und der Hang zum Zoff
Wurst war und ist wohl immer noch die Ikone der Homosexuellen. Das liegt unverändert an ihrem Sieg beim European Song Contest (ESC) in Kopenhagen am 10. Mai, ein Triumph, den sie vorher und nachher durchaus gekonnt dafür nutzte, um sich im Zuge eines „I Am What I Am!“ für die Rechte der LGBT einzusetzen. Sie hat es dabei gar geschafft, dass man sich bis in die höchsten politischen Kreise in Russland über sie aufregte. So nölte der Putin-Intimus und russische Bahnchef Wladimir Jakunin, Wurst und ihre Anhänger hätten eine „abnorme Psychologie“. Und ein hoher Geistlicher in Montenegro faselte davon, Wurst sei ein „Teufelswerk“ und darüber hinaus verantwortlich für Naturkatastrophen auf dem Balkan. Umso erstaunter ist man nun, wie schnell die Aufmerksamkeit für Wurst verpufft zu sein scheint. Will man also wissen, was Conchita Wurst aktuell so macht, lohnt sich natürlich in allererster Linie ein Blick ins Internet. Doch die ersten Links verweisen nicht auf ihre künstlerische Darbietungen oder auf Solidaritätsadressen für die LGBT-Szene, sondern es zeigt sich, dass sie einen Hang zum Zoff zu haben scheint: „Conchita Wurst verklagt Partnervermittlung“, „Conchita Wurst im Clinch mit Salzburger Agentur“, „Streit mit Homo-Dating-Seite“, „Conchita Wurst fordert Schadensersatz“ und, und, und. Ihr Management lässt Pressefragen auch mal gerne so beantworten: „Conchita beantwortet Medienanfragen nur sehr selektiv.“ Ganz Diva also. Selektiv gewonnen hat dabei immerhin die britische Tageszeitung „The Guardian“, wo sie in einem Interview bekennt, dass sie sich der Verantwortung, die spätestens seit dem 10. Mai auf ihren Schultern lastet, durchaus bewusst sei.
Conchita Wurst – „Schnulzensingende Dragqueen“
Keine schönen Meldungen also, die Conchita Wurst beziehungsweise ihr Management da aktuell produziert. Positive Schlagzeilen machte sie zuletzt als Modeschöpfer-Muse, lief gar auf einer Modenshow von Jean Paul Gaultier über den Catwalk. Gaultier selbst bekam sich kaum noch ein vor Begeisterung, wenn er über Wurst sprach und bejubelte, sie sei „eine unglaubliche Mischung“ als femininer Mann. Damit, so Gaultier weiter, habe sie gar „ein neues Genre“ begründet. Aber das schien es irgendwie gewesen zu sein, entweder ist Conchita Wurst weiterhin aktiv für die LGBT-Szene tätig und wir erfahren davon nichts, weil die Medien das Interesse an ihr verloren haben, oder aber der Hype ist tatsächlich verpufft, was ja eine wesentliche Eigenschaft des Hype ist. Immerhin ist zu erwarten, dass dieser in absehbarer Zeit wieder hochkocht, denn Wurst hat bereits angekündigt, den ESC 2015 in Wien zu moderieren. „Ich bin dabei!…“ sagt sie, ein bekannter Berliner Politiker würde den Satz wohl so komplettieren: „…Und das ist auch gut so!“ Geplant ist sogar eine Briefmarke mit ihrem Antlitz, dies plant auf jeden Fall die österreichische Post AG, die zu einem entsprechenden Wettbewerb aufgerufen hat. Das wiederum hat ihre Gegner im rechtsextremistischen Raum Österreichs auf den Plan gebracht, die absondern, man wolle Conchita Wurst „hinten nicht lecken.“ Wie dem auch sei, Briefmarkendesigner sollen Entwürfe einreichen, wie die Wurst-Marke aussehen könnte. Alles schön und gut, aber was, so fragt man sich nicht nur in der österreichischen Musikszene, ist denn nun mit dem künstlerischen Werdegang der Conchita Wurst? Man munkelt, dass noch in diesem Jahr ein Album erscheinen soll, doch Genaues weiß man eben nicht. Darauf angesprochen, ätzt der schweizerische Publizist Philipp Tingler, der selbst schwul ist, Conchita Wurst sei „provinziell“ und darüber hinaus eine „schnulzensingende Dragqueen“, wie es der ebenfalls schwule Journalist Elmar Kraushaar in der „Berliner Zeitung“ zu berichten weiß.