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„Ich, Conchita“ – Buch von Conchita Wurst

Conchita Wurst
© Albin Olsson /CC-BY-SA 3.0 (via Wikimedia Commons)

Zwischenzeitlich rieb sich so mancher die Augen und fragte erstaunt: „Conchita wer?“ Was im Wesentlichen daran lag, dass die zeitweise dauerpräsente Conchita Wurst zwar bis heute unverändert eine feste Fangemeinde hat, in der allgemeinen Wahrnehmung aber nach dem Gewinn des European Song Contest (ESC) 2014 rasch keine Rolle mehr spielte. Da wurde es natürlich Zeit für eine Autobiographie, und beim Lesen der Wurst’chen Ergüsse wird klar: Das Buch ist in weiten Teilen entbehrlicher Quatsch.

Die leidende Conchita Wurst

Um zu diesem Urteil zu gelangen, müsste man es eigentlich nicht mal lesen. Wie, bitteschön, lässt es sich rechtfertigen, ein gerade mal 26-jähriges Leben als Autobiographie auf den Markt zu werfen? Für eine Autobiographie reicht es schlicht nicht aus, als bärtige Kunstfrau den ersten Platz beim ESC eingefahren zu haben, was nun wirklich keine Lebensleistung ist. Was also hat Conchita Wurst zu berichten?

Es geht im Wesentlichen um Dreierlei: Ich, ich und noch mal ich. Es geht um das Leiden von Dragqueens, weil die Mieder zwicken und die Schuhe zu eng sind: „Das Leben einer Dragqueen ist vor allem schmerzvoll. Da unterscheiden wir uns nicht von echten Frauen“, meint sie.

Das ist entbehrlicher Quatsch, ausgebreitet auf 190 Seiten, die nach eigenen Angaben in gerade mal vier Tagen aufs Papier geklatscht wurden. Alles dies ist für sich genommen ja schon ein deutlicher Hinweis darauf, dass es über dieses Leben nicht wirklich viel Tiefsinniges zu berichten gibt. Dass sie dafür auch noch einen Co-Autor brauchte, schmälert die Peinlichkeit dieses Buches nicht, sondern mehrt sie.

Böse Homophobe und liebe Omas

Ansonsten kann der Fan – wer sonst sollte sich dieses Buch kaufen? – Dinge lesen, die er ohnehin schon wusste. Dass Conchita Wurst als Tom Neuwirth geboren wurde und in der österreichischen Steiermark aufwuchs. Wegmarken, die schon in gefühlten fünf Millionen Interviews und Porträts bis zum Erbrechen durchgenudelt worden sind.

Künstliche Dramatik wird erzeugt, in dem die Sängerin darauf verweist, dass ihre Kindheit ach so kompliziert und schwer gewesen sei. Und dann dieses Namedropping, Conchita Wurst lässt es sich natürlich nicht nehmen, auf all die (wirklichen) Stars zu verweisen, mit denen sie sich angeblich duzt. Garniert wird alles dies durch bösen Homophobe und die gute Oma, die alles richtet. Ergo: Hier wird ein Leben breitgetreten wie ranziger Quark, dessen Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist. Daumen runter!

Written by Holger Doetsch

Holger Doetsch ist Bankkaufmann, Redakteur und Autor verschiedener Bücher, unter anderem "Elysander" und "Ein lebendiger Tag". Im Journalismus kennt er alle Seiten des Tischs, er publiziert in mehreren Zeitungen und Onlinemedien, war Pressesprecher (u. a. in der letzten DDR-Regierung) und unterrichtet seit 1995 Journalismus, PR sowie Rhetorik an verschiedenen Hochschulen.

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