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Brasilien: Jobverlust wegen Homosexualität

Brasilien Jobverlust

Bislang dachte man, dass Brasilien ein sehr liberales Land sei, denn homosexuelle Handlungen werden bereits seit 1823 nicht mehr juristisch verfolgt. Dazu wurden im internationalen Vergleich schon früh richtungsweisende Gesetze erlassen.

So wurde z. B. die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung in den Bundesstaaten Mato Grosso und Sergipe 1989 durch eine Änderung der Verfassung verboten. 2003 wurden viele gleichartige Regelungen auch für andere Bundesstaaten und Kommunen übernommen. Darunter waren auch São Paulo und Rio de Janeiro.

In Rio droht Dienstleistern wie Hotels, Bars oder Gaststätten bei Benachteiligung homosexueller Gäste eine Geldstrafe und zeitlich begrenzter Lizenzentzug.

Auch bei der Gleichstellung ist Brasilien deutlich weiter als die Bundesrepublik. Gleichgeschlechtliche Beziehungen können durch Eheschließung legalisiert werden. 2010 wurde ein Präzedenzfall hinsichtlich des Adoptionsrechts geschaffen. Die Hinterbliebenen-Versorgung und das Recht auf künstliche Befruchtung wurden durch entsprechende Gesetze geregelt.

Es könnte alles schön sein, stünde auf der anderen Seite nicht die immer noch verhältnismäßig geringe gesellschaftliche Akzeptanz und eine große Zahl von Gewalttaten gegen Homosexuelle. Mit der Kampagne »Brazil Against Homophobia« wird seit 2006 auf die herrschende Problematik der Homophobie aufmerksam gemacht.

Jobverlust in der Bank

Im April 2017 lässt eine Meldung brasilianischer Medien den Rückfall in alte Zeiten befürchten. Das Bankhaus »Banco Itaú« entließ einen Mitarbeiter, der in 18 Monaten Zugehörigkeit zehn Mal für hervorragende Arbeit und die Erfüllung der gesteckten Ziele ausgezeichnet worden war.

Der Grund: Der Banker hatte sich in seinem Urlaub mit seinem Lebensgefährten verlobt und Fotos und Videos davon auf sozialen Netzwerken veröffentlicht.

Seine sexuelle Orientierung war zuvor zwar schon öfters Anlass für Sticheleien und diskriminierende Äußerungen gewesen. Sein Kleidungsstil wurde als zu auffallend bezeichnet. Und nach jeder Belobigung wurde ihm angeraten, »loszulassen« – ohne näher zu erklären, was damit gemeint sei.

Nach seinem Urlaub jedoch wurde er zu seinem Vorgesetzten zitiert, der ihn mit dem expliziten Hinweis auf seine Homosexualität entließ. Der Banker war sichtlich geschockt. Empört beklagte er, dass die sexuelle Orientierung offensichtlich höher bewertet werde als die Arbeitsleistung. Er wolle nun dafür sorgen, dass in Zukunft kein Mitglied der LGBT-Community mehr ähnliche Erfahrungen machen müsse, sagte er in einer ersten Stellungnahme.

Rückendeckung bekommt er von Gewerkschaftsseite. Die Bank sei bekannt für Entlassungen aus fadenscheinigen Gründen. Vor gar nicht allzu langer Zeit habe sie auch Menschen mit Behinderungen entlassen. Die Leitung des Geldhauses müsse ihre Positionen überdenken und sicherstellen, dass so etwas nicht wieder geschieht. Bislang gibt es seitens der »Banco Itaú« allerdings noch keine offizielle Stellungnahme.

Written by Matthias Gerschwitz

Matthias Gerschwitz, Kommunikationswirt, ist seit 1992 in Berlin mit einer Werbeagentur selbständig. Seit 2006 schreibt er Bücher zu verschiedenen Themen (»Ich erzähle gerne Geschichte anhand von Geschichten«); vorrangig wurde er aber mit seinen Büchern über HIV (»Endlich mal was Positives«) bekannt. Matthias hat schon in der Vergangenheit gelegentlich und aus aktuellem Anlass Artikel für Queerpride verfasst. Anfang 2015 ist er fest zum »netzdenker«-Team gestoßen.

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