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Homopolitik in Berlin: Abgeordnete ziehen positive Zwischenbilanz

Stefan Evers (CDU, links) und Tom Schreiber (SPD) © Abgeordnetenhaus Berlin

Eine alles in allem positive Zwischenbilanz über die Berliner LGBT-Politik innerhalb der „Initiative Sexuelle Vielfalt“ (ISV) haben heute Tom Schreiber (SPD) und Stefan Evers (CDU) gezogen. Aktueller Anlass zur Freude: Die geplanten Kürzungen für die Lesbenberatung und das Familienzentrum in Höhe von 30.000 Euro sind vom Tisch. Nun gehe es darum, die in der ISV definierten Ziele „weiterzuentwickeln“, was insgesamt ein „erklärtes Ziel“ der rot-schwarzen Landesregierung sei. Evers und Schreiber geht es dabei um die „Sicherung der Mittel“, sowie darüber hinaus in einigen Bereichen um eine „neue Akzentuierung in der inhaltlichen Ausrichtung“.

So würden zum Beispiel auch Themen wie „Homophobie im Sportbereich“ zunehmend in den Mittelpunkt der Debatten und Maßnahmen gerückt. Wo Mittelkürzungen drohen oder gar vorgenommen wurden, müsse man auch andere Finanzierungsquellen erkunden und die Verantwortung beziehungsweise die Lasten dabei auf mehrere Schultern verteilen.

Evers und Schreiber nannten als Beispiel die „HIV-Schnelltests“ bei „Mann-O-Meter“ und anderen Einrichtungen in der Community.

Die Finanzierung dieser Tests konnte aus Lottogeldern gesichert werden, wichtig dies, weil eine früh erkannte HIV-Infektion helfen kann, dass das Virus durch Unwissen nicht unkontrolliert weitergegeben wird.

Aufarbeitung: Forderung nach einem wissenschaftlichen Netzwerk

Gleichwohl merkten beide kritisch an, dass sich die gesetzlichen Krankenversicherungen hieran nicht oder nur sehr unzureichend beteiligen würden: „Die gesetzlichen Krankenkassen müssen sich an Co-Finanzierungen beteiligen, sie sind hier in der Verantwortung“, so Schreiber.

Evers forderte dementsprechend eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen bei gesetzlichen Krankenkassen. Insgesamt sei es so, dass es bei der ISV „keine Befristung gibt und geben darf“, das Land Berlin habe da im Bund gar eine „Vorbildfunktion“.

Die Hoffnung darauf, dass für die LGBT-Community zusätzliche Finanztöpfe geöffnet werden könnten, haben beide Abgeordnete klar zerstreut. Eine Ausgabensteigerung sei aber in allen Bereichen „nicht durchsetzbar“, so Evers und Schreiber. Im übrigen dürfe die Weiterentwicklung von Initiativen und Ideen gerade in Zeiten knapper Kassen nicht nur an Haushaltsmitteln gemessen werden:

„Die Weiterentwicklung von Initiativen wie der ISV darf nicht nach dem Gießkannenprinzip ausgerichtet werden, sondern es geht dabei auch um eine qualitative Weiterentwicklung.“ Hierzu, so die Abgeordneten, gehörten etwa die Pläne einer klugen Bündelung der „wissenschaftlichen Aufarbeitung der LSBTI-Community“.

Um hier Reibungsverluste zu vermeiden, würde man einen „Archivverbund“ bestehender Einrichtungen wie das „Schwule Museum“ oder das Archiv „Spinnboden“ begrüssen, die sich bereits seit vielen Jahren mit dieser Art der Aufarbeitung beschäftigen. Berlin könne mit einem solchen „Netzwerk“ in punkto wissenschaftlicher Aufarbeitung „weltweit ein Leuchtturm werden“, so Schreiber.

CSU-Generalsekretär Dobrindt schweigt weiter

Auch auf Diskrepanzen zwischen Landes- und Bundespolitik gingen die beiden ein. queerpride hat nachgefragt, wie der Stand bei der Aufarbeitung des historischen Unrechts an Homosexuellen sei. Die Rehabilitierung von Homosexuellen in der Nazi-Zeit und danach, so Evers und Schreiber, lägen auf Bundesebene „derzeit leider auf Eis“.

Hier, so Schreiber, müsste es auch mit Blick auf das fortgeschrittene Alter der betreffenden Opfer des früheren Strafrechtsparagraphen 175 „schneller gehen“. Auf queerpride-Nachfrage bestätigten die beiden dann auch, dass CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt unverändert eine Einladung der beiden, ihm die Community zu zeigen, „weder zu- noch abgesagt hat.“

Die beiden hatten vor einigen Wochen auf die Dobrindt-Aussage reagiert, bei der Homosexuellenszene handele es sich „lediglich um eine Minderheit“. Man halte die Einladung, Dobrindt das Gegenteil zu beweisen, aufrecht, doch habe man sich „zumindest mal eine Absage gewünscht.“ Auch queerpride hat mehrmals nachgefragt, wann mit einer Entscheidung Dobrindts zu rechnen sei, und ist dabei mehrmals vertröstet worden.

Written by Holger Doetsch

Holger Doetsch ist Bankkaufmann, Redakteur und Autor verschiedener Bücher. Im Journalismus kennt er alle Seiten des Tischs, er publiziert in mehreren Zeitungen und Onlinemedien, war Pressesprecher und unterrichtet seit 1995 Journalismus, PR sowie Rhetorik an verschiedenen Hochschulen.

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