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Chile denkt um: Hohe Strafen für Mörder eines Homosexuellen

Ein Gericht in Chile hat vier junge Männer zu hohen Haft- und Geldstrafen verurteilt, die einen 24-jährigen schwulen Mann im März 2012 derart brutal misshandelt hatten, dass er nach fast vierwöchigem Koma verstarb. Der älteste der Täter muss für 15 Jahre ins Gefängnis. Auch die Politik reagiert, und das ungewöhnlich schnell.

Es war ein Verbrechen, das die traditionell sehr konservative Gesellschaft in Chile zu einem Umdenken bewegte. Nicht, dass die Chilenen nun ihr Herz für Lesben und Schwule entdeckt hätten. Es ist die Brutalität, mit der die Tat ausgeführt wurde.

Daniel Zamudio war nach einem Zechgelage im Zentrum der Hauptstadt Santiago auf einer Parkbank eingeschlafen, die sich in einer Cruisingarea befand. Die vier Täter fanden ihn zufällig und quälten ihn über fünf Stunden hinweg, währenddessen Zamudio nach wiederholter Aufforderung durch die Täter seine Homosexualität gestand.

Nur Tage später wurden die vier Männer festgenommen, in der Wohnung fanden die Ermittler Propagandamaterial von Neonazi-Gruppen und Hass-Pamphlete gegen Homosexuelle und Einwanderer. Das chilenische Parlament reagierte auf die Tat binnen kürzester Zeit. Nur vier Monate nach dem Tod von Zamudio wurde ein Antidiskriminierungsgesetz verabschiedet. Ein Gesetz freilich, das zuvor über sieben Jahre in einer Schublade sein Dasein fristete, weil die Parlamentarier schlicht keinen Handlungsbedarf sahen.

Erfreulich: Das Gesetz greift. Kurz nach der Verabschiedung wurden einem lesbischen Paar umgerechnet 3.200 Euro Schadensersatz zugesprochen, weil ein Hotel sich weigerte, den beiden Frauen ein Zimmer zu geben. Seit dem Tod von Daniel Zamudio werden in Chile also die Rechte der Homosexuellen endlich ernst genommen.

Dies lässt sich auch daran erkennen, dass die Homo-Ehe ebenfalls Thema im Wahlkampf sein wird. Am 17. November müssen die Chilenen ein neues Staatsoberhaupt wählen.

Bild: © Patricia Díaz

Written by Holger Doetsch

Holger Doetsch ist Bankkaufmann, Redakteur und Autor verschiedener Bücher, unter anderem "Elysander" und "Ein lebendiger Tag". Im Journalismus kennt er alle Seiten des Tischs, er publiziert in mehreren Zeitungen und Onlinemedien, war Pressesprecher (u. a. in der letzten DDR-Regierung) und unterrichtet seit 1995 Journalismus, PR sowie Rhetorik an verschiedenen Hochschulen.

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