AfD will Darkroom im Berliner Berghain ausleuchten und am besten gleich schließen lassen – UPDATE

Berghain Berlin

Die AfD im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat im Bezirksparlament einen Antrag gestellt, dem Berghain als Club die gewerbliche Erlaubnis zu entziehen. Einem eventuellen neuen Betreiber will die AfD gleich eine Ausleuchtung des Darkrooms auferlegen.

In der Begründung finden sich dann dafür Schilderungen einer angeblichen Begehung des Clubs durch einen Stadtrat Becker, der durch seinen Besuch „AIDS-Infizierungen“ entdeckt haben will. Die Partei möchte zu einer „Anhörung“ einen Arzt aus der Gynäkologie ins Parlament einladen. Aber nicht nur das. Neben dem Vorwurf der Drogenkonsumierung spricht die AfD hier auch von einem „Missbrauch junger Frauen und Männer“.

Es wird aber noch abstruser, was die AfD in der Begründung so alles mit aufführt. Sie sehe, „ein Musikclub hat durch Eintrittsgelder und dem sauberen und ordentlichen Verkauf von Getränken die Genehmigung, ein ansprechendes Programm zu finanzieren“. Was dabei „ansprechend“ sein soll wird nicht ausgeführt. Es bleibt aber nicht bei den weltfremden, falschen oder skurrilen Inhalten. Die Begründung wird dann auch noch beleidigend gegenüber den Mitarbeitern der Türpolitik: „wenn Zahlungswillige nicht durch unintelligente, unansehnliche Wichtigtuer selektiert würden“, so in dem Antrag der AfD.

Putzig klingt es dann wenn die Partei gleich Tipps bereithält, wo sich ein künftiger Betreiber des Clubs doch bitte Nachhilfe holen soll für die „Ablauforganisation und das Musikprogramm“. Die AfD sieht hier „gute Beispiele“ in Manchester, London, Rio oder auf Sardinien. Dabei ist das Berghain doch schon das Maß aller Dinge für viele gute Clubs weltweit.

Beim Lesen der Überschrift oder auch des gesamten Textes der AfD könnte man schon denken, es ist doch nur ein Scherz oder ein Fake. Aber dies ist die Realität. Verfasserin dieses Antrages ist Frau Sibylle Schmidt. Sie sitzt für die AfD im Berliner Bezirksparlament von Friedrichshain-Kreuzberg. Dieses ist seit jeher wie der Bezirk selbst sehr links geprägt. So wie die Verfasserin selbst auch in der Vergangenheit. Schmidt ist eine ehemalige Figur aus der linken Subkultur und war jahrelang für die SPD engagiert.

Sie hat als Geschäftsführerin des legendären „Blockshock“ die Punkszene nach Berlin geholt, sie schmuggelte vor der Wende Bands in die untergehende DDR und organisierte Konzerte gegen rechts.

Als Unternehmerin in Kreuzberger Multi-Kulti-Welt hat Sibylle Schmidt Bars wie die „Tanzschule Schmidt“ betrieben und einen Comedy-Club. Bei der linken Tageszeitung „taz“ war sie im Marketing. Sie sah im Wahlkampf für ihre AfD-Kandidatur die Drogenpolitik als einen ihrer Schwerpunkte an. Das Ergebnis ist dann an Antrag wie dieser.

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Dem Kreuzberg-Friedrichshainer Musikclub „Berghain“, Am Wriezener Bahnhof, 10243 Berlin, möge die gewerberechtliche Erlaubnis entzogen werden. Derzeitigen Betreibern sollte nach Prüfung des genauen Sachverhalts möglicherweise eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit zuerkannt werden. Nachfolgenden Gastronomen und Betreibern werden Öffnungszeiten von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr morgens auferlegt, um einen drogenfreien Besuch unter Berücksichtigung eines natürlichen Biorhythmus’ zu ermöglichen. Sexuelle Handlungen sind durch entsprechende Beleuchtung und Personal zu unterbinden.

Begründung:

Seit Jahren finden im Berghain Verstöße gegen Gaststättenverordnungen statt. Drogen aller Art – insbesondere wach haltende Amphetamine – werden konsumiert und können leicht erworben werden. Durchgängige Öffnungszeiten fordern den Gebrauch wach haltender Substanzen geradezu heraus. In umliegende Krankenhäuser werden junge Frauen und Männer eingeliefert, die durch chemische Substanzen die Kontrolle über sich verlieren und z.T. missbraucht werden. Schon 2010 wurde bei einer Besichtigung mit Stadtrat Beckers von mehreren AIDS Infizierungen gesprochen. (Für eine eventuelle Anhörung könnte ein Arzt der gynäkologischen Abteilung des Vivantes am Friedrichshain eingeladen werden). Einer amerikanischen Touristin, die bereits Anzeichen einer Vergiftung hatte, wurde ärztliche Hilfe zu spät ermöglicht. Sie verstarb.

Eine Gaststätte hat ihre Kunden sorgfältig zu bedienen und auf ihre Sicherheit zu achten. Ein Musikclub hat durch Eintrittsgelder und dem sauberen und ordentlichen Verkauf von Getränken die Genehmigung, ein ansprechendes Programm zu finanzieren. Dies ist im Berghain durchaus möglich, wenn Zahlungswillige nicht durch unintelligente, unansehnliche Wichtigtuer selektiert würden. Durch ein vermeintliches Underdog Image, in dem sich über durchdachte Gesetze hinweggesetzt wird, erlaubt sich der Club einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Mitbewerbern. Es ist Aufgabe von Betreibern, sich beispielsweise in Manchester, London, Rio oder auf Sardinien in berühmten, funktionierenden Clubs Nachhilfe in Ablauforganisation und Musikprogramm zu holen. Es ist Aufgabe des Bezirksamtes, unerfahrene Gäste und Berlin Besucher vor unverantwortlichen und gefährdenden Betrieben zu schützen. Das Abgeordnetenhaus ist gefragt, die Eigenbedarfsgrenze von Drogen wieder auf Null Gramm herabzusetzen. Ein vermeidbarer Tod mit mehreren Verantwortlichen. Die Entwicklung war vorauszuahnen.

Anmerkung: Die Bezirksverordnetenversammlung beschäftigt sich vermehrt mit Anträgen, die eigentlich übliche Aufgaben bezirklicher Fachabteilungen sind.

Quelle des Antrags: Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain Kreuzberg

Update

Die AfD hat heute den Antrag wieder zurückgezogen. Nach Auskunft ihres Berliner Sprechers Ronald Gläser mit der Begründung, die AfD sei keine Verbotspartei.

Bild: Marcheur1976.

Written by Marco Steinert

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