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Homosexuelle Seilschaften im Vatikan? Kritik an Papst Franziskus

Katholiken Papst Franziskus Gemeinde
Foto: queerpride.de

Es ist ein einmaliger Vorgang in der römischen Kurie. Papst Franziskus traf sich am Donnerstag mit lateinamerikanischen Ordensleuten, und zwar im Rahmen einer Privataudienz. Vertraulichkeit wurde vereinbart und das Treffen war noch nicht einmal eine halbe Stunde vorbei, da meldeten die Agenturen: „Papst Franziskus klagt über eine Schwulenlobby in der Kurie!“ Bisher wurden Gerüchte über homosexuelle Seilschaften im Kirchenstaat von der katholischen Kirche immer heftig dementiert, doch bei der Zusammenkunft hatten sich offenbar einige Teilnehmer Notizen gemacht und ein Dossier angefertigt. Und das hat es in sich, denn darin ist niedergeschrieben, Franziskus habe das Folgende gesagt: „In der Kurie gibt es Heilige. Aber es gibt auch eine Strömung der Korruption. Man spricht von einer schwulen Lobby, und es ist wahr, sie ist da. Jetzt muss man sehen, was wir dies betreffend tun können.“ Der Papst aus Argentinien, der schon als Kardinal in seinem Land gegen homosexuelle Partnerschaften wetterte, beruft sich dabei auf Unterlagen, die ihm sein Vorgänger Benedikt XVI. kurz nach dem Amtswechsel übergeben hatte. Diese Unterlagen, so will es die gewöhnlich gut informierte und renommierte Zeitung „La Repubblica“ wissen, seien „explosiv“. Weiterhin habe Franziskus gesagt, die notwendige Umgestaltung der Kirchenverwaltung sei auch deshalb schwierig, weil er selbst sich mit Verwaltungsfragen nicht gut auskenne. Und er soll hinzugefügt haben: „Ich bin sehr unorganisiert“. Zu dieser Aussage, so sie denn wirklich getätigt worden ist, passt, dass in Kirchenkreisen erste Kritik am Papst laut wird.

Es rächt sich, dass Papst Franziskus in der Kurie viele vor den Kopf stößt

Franziskus hätte niemals davon ausgehen dürfen, dass solche ungeheuerlichen Aussagen geheim bleiben würden. Und, so die kritischen Stimmen weiter, der neue Pontifex habe einmal mehr etwas in die Öffentlichkeit getragen, ohne eine Antwort darauf zu geben, wie er denn mit der Problematik umzugehen beziehungsweise diese zu lösen gedenkt. Ein Monsignore in Rom, der sich in den Vorgängen im Vatikan gut auskennt, formuliert es gegenüber inforand.de so: „Franziskus redet zu viel über Probleme und Nöte, wirbelt damit ungeheuren Staub auf und bietet nur unzureichende Lösungen an.“ Dazu passt, was der Papst während des Treffens gesagt haben soll: „Wir müssen sehen, was wir tun können.“ Andere wiederum unterstellen Franziskus, er habe die Aussagen über eine „Schwulenlobby im Vatikan“ ganz bewusst so getätigt, damit sie an die Öffentlichkeit gelangen. Die Tatsache, dass Franziskus um Vertraulichkeit gebeten hat, die dann aber dazu führte, dass seine Aussagen den Weg in die Medien fanden, wird in Rom von nicht wenigen gar als erstes Anzeichen eines Autoritätsverlustes gewertet. Verwunderlich ist das Anschwellen der Kritik im übrigen nicht, denn Franziskus hat in den bisherigen drei Monaten seiner Amtszeit etliche vor den Kopf gestoßen mit seiner Klage, in der Kurie gebe es „zuviel Gier und Machtstreben“. Vatikan-Sprecher Lombardi wurde in einem Pressegespräch mit diesen Kritiken konfrontiert, hielt sich aber bedeckt. Das Treffen des Papstes mit Teilnehmern der Lateinamerikanischen und Karibischen Konferenz der Ordensleute (Clar) hätte ganz klar einen privaten Rahmen gehabt, insofern habe er keine Erklärung zum Inhalt des Gesprächs abzugeben.

Written by Holger Doetsch

Holger Doetsch ist Bankkaufmann, Redakteur und Autor verschiedener Bücher. Im Journalismus kennt er alle Seiten des Tischs, er publiziert in mehreren Zeitungen und Onlinemedien, war Pressesprecher und unterrichtet seit 1995 Journalismus, PR sowie Rhetorik an verschiedenen Hochschulen.

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