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Schnüffeln, bis es kommt

Über die stimulierende Wirkung von Poppers

two topless men kissing
Photo by Ketut Subiyanto on Pexels.com

Egal ob im Darkroom, auf der queeren Party oder im heimischen Schlafzimmer: Es gibt die unterschiedlichsten physischen oder psychischen Hilfsmittel, die sexuelle Lust zu verstärken oder intensiver zu erleben. Stößt Chemsex, also der Einsatz von Partydrogen wie Crystal Meth, GHB oder Ketamin, häufig auf Ablehnung, weil die körperlichen und seelischen Auswirkungen nicht abschätzbar sind, gibt es eine Möglichkeit, sich sexuell zu stimulieren, ohne eine physische Abhängigkeit befürchten zu müssen: Poppers – auch PP genannt.

Die kleinen Flaschen passen in die Jacken- oder Gürteltasche, sind sofort einsatzbereit und sorgen für Euphorie, größere Lust und geringeres Schmerzempfinden. Zumeist basiert Poppers auf Nitritverbindungen und wird über die Schleimhäute aufgenommen – zumeist durch Schnüffeln an der geöffneten Flasche. 

Amylnitrit als Hauptbestandteil wirkt gefäßerweiternd. Dieser Effekt wurde bereits 1859 entdeckt und diente lange Zeit als Akutbehandlung bei Angina pectoris, wenn die Blut- und Sauerstoffversorgung des Herzens durch eine Verengung der Herzkranzgefäße gefährdet ist, was zu Schmerzen und im Extremfall zu einem Herzinfarkt führen kann. Durch das Einatmen von Amylnitrit erweitern sich die Gefäße schlagartig und lassen das Blut wieder ausreichend zirkulieren – die Gefahr ist gebannt.

In der 70ern fanden Poppers – der Name leitet sich vom Geräusch beim Öffnen der früher benutzten medizinischen Ampullen ab – Eingang in die Disco-Szene, speziell in der homosexuellen Kultur. Die durch Amylnitrit ausgelöste Steigerung der Herzfrequenz und die damit verbundene bessere Durchblutung sorgen einerseits für ein Gefühl von Wärme und eine intensivere Wahrnehmung von Berührungen, andererseits sorgt der Inhaltsstoff für Muskelentspannung und eine Senkung der Schmerzempfindlichkeit.

Dadurch vereinfacht sich z. B. die anale Penetration, da sich der Schließmuskel leichter überwinden lässt. Zudem entsteht eine kurzzeitige euphorische Stimmung, die sich auf die sexuelle Lust und das Empfinden dieser Lust auswirkt. Oder – in kurzen Worten: Poppers gibt manchen Menschen den Extra-Kick beim Sex.

Allerdings gilt auch hier die alte Regel des Paracelsus: Die Dosis macht das Gift. Die übermäßige Einnahme von Poppers kann nämlich auch zum Gegenteil führen: Kopfschmerzen oder Schwindelgefühle lassen die Lust schneller verschwinden als sie kam, und wer sich zu häufig am Fläschchen bedient, riskiert eine Abstumpfung mit steigender Lustlosigkeit. 

Folgendes sollte man wissen: Poppers darf nur eingeatmet oder inhaliert, aber niemals eingenommen werden. Die durch Amylnitrit ausgelöste Enthemmung kann zudem dazu führen, dass man sich unsafen Sexualpraktiken aussetzt, weil die Geilheit die Oberhand gewinnt. Besondere Vorsicht ist angeraten, wenn andere Medikamente eingenommen werden. Speziell bei Potenzmitteln wie Viagra, Cialis & Co, und natürlich bei der Behandlung einer vorliegenden Angina pectoris, kann es zu lebensgefährlichen Wechselwirkungen kommen – vom schlagartigen Abfall des Blutdrucks bis hin zum Herz-Kreislauf-Versagen. 

Wer sich mit Wirkungen und Nebenwirkungen befasst hat, kann sich dem Kurzzeit-Rausch und der Euphorie bewusst hingeben. Aber eines muss klar sein: Poppers kann die sexuelle Lust steigern, aber nicht ersetzen. Dafür sind andere, zutiefst menschliche Reize vonnöten. Die basieren zwar letztlich auch nur auf chemischen Reaktionen – aber auf körpereigenen …

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