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Philipp Lahm ist weiter im Kreuzfeuer der Kritik

Homophobie im Fussball

Er ist einer der erfolgreichsten deutschen Fußballer aller Zeiten. Philipp Lahm feierte nicht nur mit seinem Verein FC Bayern München zahllose Erfolge, sondern führte gleichzeitig auch die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft zum viel bejubelten vierten Weltmeistertitel in Brasilien. Sein Wort hat also Gewicht, und das nicht nur in der Sportszene. Doch nun sorgt Lahm für Aufregung. Anlass ist sein zweites Buch „Das Spiel: Die Welt des Fußballs“. Darin beschäftigt er sich auch mit der Homosexualität im Profi-Sport und rät davon ab, sich zu outen. 

Die Kehrtwende des prominenten deutschen Fußballers verwundert. Schließlich hatte er sich bereits während seiner aktiven Zeit beim FC Bayern München dafür ausgesprochen, dass es das gute Recht jedes Menschen sei, sich öffentlich zu outen. Er betonte, dass man sich nicht nur im Fußball, sondern überall in der Gesellschaft, ohne negative Konsequenzen zu befürchten, outen können müsse. Nun ruderte der Ex-Kapitän des deutschen Meisters zurück. 

Können wir nicht mehr auf ihn zählen?

Die Deutsche Fußball-Bundesliga sah dies in der Vergangenheit anders. Sie setzte zahlreiche Zeichen gegen die Diskriminierung. Schon 2011 schlossen der Berliner Fußball-Verband und der Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg eine Kooperationsvereinbarung. Sie publizierten den Leitfaden „Rote Karte für Homophobie“, um auf homophobe Verhaltensweisen aufmerksam zu machen. Die Aktion „Setz ein Zeichen – Mach das Sportabzeichen“ wirbt ebenfalls für mehr Toleranz, Respekt und Vielfalt im Leben

Die Fußballer selbst zeigten sich zuletzt solidarisch und positionierten sich zu Beginn des Jahres in einer Kampagne unter dem Motto „Ihr könnt auf uns zählen!“ Der ehemalige Verein von Philipp Lahm engagierte sich ebenfalls. Der alte und neue Meister absolviert gerade die letzten Spiele der Saison. Gegen Freiburg ist Bayern München auf Betway mit einer Bundesliga Wetten Quote von 1,33 (Stand 14.5.) klarer Favorit. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge betont gern die Offenheit seines Vereins. Dazu änderte er einst das Vereinsmotto auf „Mia san bunt!“ Ob er mit dem letzten Statement von Philipp Lahm viel Freude hatte, darf zumindest bezweifelt werden. 

Der Angegriffene ging in die Offensive

Die Aufregung rund um die Aussagen von Lahm war naturgemäß groß. Der Star sah sich gezwungen, seine Aussagen zu erläutern. Er selbst glaube zwar an die nötige Reife eines Sportlers, der sich outen möchte, doch gleichzeitig bezweifle er diese Reife bei dessen Kollegen sowie im Stadion.

Gleichzeitig gab die FC-Bayern-München-Legende zu bedenken, dass in so einer Situation ein unglaublicher Druck auf allen Beteiligten lasten würde. Er selbst würde sich wünschen, dass ein Outing in unserer Gesellschaft normal wäre und niemand Angst vor Anfeindungen haben müsse. Doch davon abgesehen, habe jeder, der sich dazu entschlossen habe, seine volle Unterstützung. 

Wenig Verständnis bei Hitzlsperger

Doch zu diesem Zeitpunkt war der Zug bereits längst abgefahren. Es hagelte Kritik von allen Seiten. Selbst ein ehemaliger Kollege aus der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft hielt mit seinem Unmut nicht hinter dem Berg. Konkret geht es dabei um Thomas Hitzlsperger. Er war der erste bekannte Profi-Fußballer in Deutschland, der sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekannte. Doch selbst er wartete mit seinem Outing bis zum Ende seiner aktiven Karriere. 

Der jetzige Sportvorstand beim VfB Stuttgart äußerte sich in einem Interview zu der öffentlichen Diskussion. Er respektiere zwar die Meinung von Philipp Lahm, betrachte sie jedoch als kontraproduktiv. Damit es zu einer spürbaren Veränderung in der Gesellschaft kommen könne, müsste mehr passieren, als dass sich einige Sportler outen.

Mehr prominente Persönlichkeiten müssten ihre Unterstützung öffentlich bekunden. Denn wenn jemand vom Format eines Philipp Lahm vom Outing abraten würde, hätte dies umfassende Auswirkungen. Dessen Statement sei nicht zielführend. Er denke, dass der Ex-Fußballer mit seiner Meinung einfach falsch liege. Er selbst ist jedenfalls froh über sein Outing, wie er in der ARD-Sendung Sportschau erzählte. Sein Leben habe sich verbessert. 

Eine realistische Einschätzung der Situation?

Das Outing von Thomas Hitzlsperger liegt nun schon sieben Jahre zurück. Seither hat sich im deutschen Sport nicht allzu viel verändert. Homosexualität und Fußball sind immer noch ein schwieriges Thema in der Öffentlichkeit. Die Reaktionen auf das neue Buch von Philipp Lahm waren heftig.

800 Spieler setzten mit der Aktion „Ihr könnt auf uns zählen!“ ein aufsehenerregendes Zeichen. So könnte man Lahm zumindest anrechnen, eine neuerliche Diskussion ungewollt angestoßen zu haben. Bei aller Kritik an seinen Aussagen, muss man dem Ex-Fußballer zumindest zugutehalten, dass seine Meinung lediglich eine realistische Einschätzung der aktuellen Situation widerspiegelt.

Ähnlich ernüchtert zeigt sich Lahm auch bei der Beschreibung seines Sports. Er widmet sich in seinem Buch „Das Spiel: Die Welt des Fußballs“ auch den Gruppenzwängen innerhalb eines Teams und beschreibt den Druck, unter dem man als Profi-Sportler Tag für Tag steht.

Für ihn sind die enormen Gehälter, Rassismus, Homophobie und der Zwang, auf Abruf seine beste Leistung zu erbringen, Teil des Geschäfts. Lahm wünscht sich einen Fußball, der stärker von Werten und Haltung geprägt ist und fordert dazu auf, sich von Menschen zu distanzieren, die andere in ihrer Würde beeinträchtigen.

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