In den letzten Wochen sind die Emotionen rund um die Meldungen zum Berliner CSD und dem veranstaltenden Verein „Berliner CSD e.V.“ hochgekocht. Viele der Probleme, mit denen sich ein schwullesbischer Verein so im Allgemeinen beschäftigt dringen im Normalfall nicht nach Außen und interessieren die größere Menge der LGBT-Community wohl eher nur am Rande. Aber beim aktuellen Thema zur Planung des mittlerweile schon zur neueren Berliner Tradition gewordenen Christopher Street Days wuchs die Aufmerksamkeit nicht nur aus Interesse über diesen Vorgang an sich. Gerade die Verwunderung über den öffentlichen Umgang des CSD-Vereins mit Kritik und Kritikern offenbart wie gespalten die Berliner Community in vielen Fragen ist. Wir sind zwar homosexuell, aber nicht in allen Themen homogen. In erster Linie verwundern jedoch die Angriffslust sowie das allgemeine Gebaren des Berliner CSD e.V.
Die jetzt entfachte öffentliche Diskussion wurde wohl vor allem durch eine Pressemitteilung des Vereins entfacht, in dem Vorstandsmitglieder der Berliner Landespolitik vorwarfen, sich angeblich gegen eine stärkere Politisierung des CSD zu stemmen und eine eigene Parade zu planen. Diese Anschuldigungen wurden jedoch seitens der angesprochenen Politiker als falsch zurückgewiesen. Ebenfalls kam auch eine vorgesehene Namensänderung im Rahmen des CSD in Berlin zur Sprache. Der Veranstalter hat bereits im Jahr 2012 den Antrag gestellt, sich den Namen „Stonewall“ markenrechtlich schützen zu lassen. In einer Sitzung des Vereins zum Jahresbeginn wurde die Namensänderung in „Stonewall Parade“ beschlossen, die nun aber nach Protesten im heutigen CSD-Forum vorgestellt und diskutiert werden soll. Es bleibt somit die Frage, welche Verbesserungen zum bisherigen Status Quo die geplante Umbenennung bringen soll. In den vergangenen Jahren hat sich im deutschsprachigen Raum der Name CSD und damit verbunden die CSD-Parade oder CSD-Demo im allgemeinen Sprachgebrauch durchgesetzt. Der Name Christopher Street Day ist eine Marke, die auch außerhalb der Community vielen Menschen ein Begriff ist. Das Argument, dass der bisherige Name die lesbische Community ausschließen würde, scheint jedoch auf keinem sonderlich festen Fundament zu stehen: Das legendäre Stonewall Inn, welches im Mittelpunkt der Aufstände im Sommer 1969 stand, bei denen sich Homosexuelle und Trans*-Menschen mehrere Tage lang gegen Polizeiwillkür und Diskriminierung zur Wehr gesetzt hatten, war seit jeher ein Treffpunkt für Schwule gewesen. Es stellt sich daher die Frage, ob ein Name „Stonewall Parade“ nicht doch letztendlich mehr Unstimmigkeiten hervorrufen könnte als eine Beibehaltung der jetzigen Bezeichnung. Der Veranstalter „Berliner CSD e.V.“ argumentierte in Bezug auf die Namensgebung „Stonewall Parade“ mit einer besseren internationalen Akzeptanz des Begriffes. Dies jedoch wirkt genauso unverständlich, da auch hier international bisher der Name „Berlin Pride“ vermarktet wird, so wie viele internationale Veranstaltungen den Zusatz Pride oder Gay Pride tragen.
Allem Anschein nach scheint das primäre Problem eines der Kommunikation zwischen Vereinsvorstand und Community zu sein. Als Verein, der jahrelang einen Mangel an Engagement seitens der Berliner Community beklagt hatte, scheint der Vorstand des CSD e.V. jetzt mit diesem Maß an Beteiligung vollends überfordert zu sein. Übrig bleibt weiterhin der Wunsch nach Offenheit und Transparenz statt verbalen Rundumschlägen, Schuldzuweisungen und Angriffen gegen kritische und fragende Stimmen. Die bislang offenen, weiterhin relevanten Fragen über die Geflechte und Verbindungen rund um den CSD und dessen Organisation sollten offen diskutiert werden. Wie und ob der Berliner CSD-Veranstalter dies umsetzt – ob mit neuem Vorstand und/oder Geschäftsführer, bleibt abzuwarten.