Man soll ja bekanntlich den Tag nicht vor dem Abend, und auch eine Großveranstaltung nicht vor dem Ende loben. Doch was der Verein „Berliner CSD e. V.“ in diesem Jahr auf die Beine gestellt hat, schreit bereits am Vortag des CSD 2013 nach einem dicken Lob.
Das geht schon damit los, dass das diesjährige CSD-Programm (siehe unseren Bericht) eindeutig darauf hinweist: Beim CSD geht es nicht nur um Party. Es geht um politische Botschaften, um laut und deutlich vorgetragene Bekenntnisse gar. So machen der Veranstalter und die eingeladenen Gäste klar: Wir haben viel erreicht für die LGBT-Community, doch dürfen wir nun zweierlei Fehler nicht machen. Erstens: Ausruhen auf dem Erreichten. Zweitens: Den Blick nur auf die erkämpften Erfolge in Deutschland oder Frankreich richten. Nein, das Programm des Berliner CSDs 2013 fordert uns alle auf, dass wir die Stärke, die wir aus den gemachten Erfolgen gezogen haben, konsequent weitergeben.
Weitergeben an homosexuelle Menschen, die in Ländern und Kontinenten wie Russland oder Afrika noch immer unter der Knute der Regierenden ächzen, wo Homophobie trauriger Alltag ist und Lesben, Schwule und Transen wie etwa im Iran gar umgebracht werden. Wie schreibt es heute der Kollege Marcus Weingärtner so schön in der „Berliner Zeitung“: Wir leben hierzulande „in einer toleranten und liberalen Gesellschaft. (…) Rund zweieinhalb Flugstunden von Berlin entfernt liegt St. Petersburg. Gefühlt jedoch dauert dieser Flug 500 Jahre zurück in die Vergangenheit.“ Genauso ist es. Der Verein „Berliner CSD e. V.“ ist Kritik durchaus gewohnt.
Hier wird über die Route gemotzt, da über das vermeintlich Unpolitische am CSD geätzt. Und wenn der Berliner CSD dann mal so richtig politisch wird, indem der Veranstalter zum Beispiel der CDU/CSU wegen ihrer homofeindlichen Haltung den Stuhl vor die Tür stellt, dann heulen die nächsten auf. Doch wie heißt es so schön: Everybodys Darling is everybodys Arschloch! Und wer es nicht allen recht machen kann (und/oder will), sollte dadurch glänzen, dass er möglichst viele einbindet und dabei möglichst wenig Fehler macht. Das kommt zwar der Quadratur des Kreises nahe, doch der „Berliner CSD e. V.“ hat diese Unmöglichkeit geschafft.
Dieser CSD zeigt: Wir werden ernst genommen!
Das Programm strotzt nur so vor Kampfesgeist, es beinhaltet pfiffige Aktionen und deutliche Solidaritätsadressen an die LGBT-Community in unseligen Staaten, wo diese unterdrückt wird und verschweigt dabei selbst nicht Diskriminierungen, die es auch in Deutschland noch immer gibt. Dabei ist es dem Berliner CSD-Verein gelungen, die Mächtigen dieser Welt an seine Seite zu holen.
Sogar der amerikanische Botschafter in Deutschland, Philip D. Murphy, und seine Kollegen aus Argentinien, Dänemark, Großbritannien, Israel, Kanada und Niederlande werden dabei sein, wenn der CSD eröffnet wird. Und das Vergnügen kommt bei alledem auch nicht zu kurz. Und sieht man sich dann auch noch die Sponsoren an, die den Berliner CSD unterstützen, Unternehmen wie Vivantes, Daimler oder die Wall AG, um nur einige zu benennen, dann lässt sich auch hieraus zweierlei ableiten: Der CSD hat sich etabliert und die Community wird ernst genommen.
Was für eine großartige Leistung! Und: Die LGBT-Community ist eben keine schrille Minderheit, wie es ein CSU-Politiker verlauten ließ, der intellektuell offenbar nicht in der Lage ist, zu erkennen, dass er es ist, der eine Minderheit repräsentiert. Fazit: Vom CSD 2013 geht ein großartiges Signal aus: Wir sind stark! Und wir geben die Stärke weiter an alle die, die in der Welt noch immer unterdrückt werden wegen ihrer Sexualität! Das ist der wesentliche Verdienst des Veranstalters, und somit sagt die queerpride.de-Redaktion an die Adresse des CSD Berlin e. V.: Chapeau! Holger Doetsch
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