In vielen Bundesländern gibt es seit einigen Jahren Streit über eine ganze Reihe queerer Anliegen. Das Land Berlin hat hier schon eine Vorreiterrolle, wie die Initiative Sexuelle Vielfalt, an deren Inhalten und Umsetzung noch weiter gearbeitet wird.
Im Ausschuss für Arbeit, Integration, Berufliche Bildung und Frauen des Berliner Abgeordnetenhauses wurde heute zu fünf queeren Anträgen diskutiert und abgestimmt. Es ging um die Themen ISV (Initiative Sexuelle Vielfalt), Intersexualität, queere Flüchtlinge und der Auswertung der Anhörung zur Initiative sexuelle Vielfalt.
Im Vorfeld der Sitzung des Ausschusses erklärte Jörg Steinert, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg (LSVD):
„Während die sogenannte Initiative sexuelle Vielfalt (ISV) im Jahr 2009 noch fraktionsübergreifend getragen wurde, ergehen sich die Fraktionen nun im parlamentarischen Klein-Klein. Dadurch geht der Blick für die wesentlichen Inhalte verloren. In allen Lebensbereichen müssen jedoch Homophobie und Transphobie konsequent bekämpft werden. Es ist nicht sinnvoll, dass Themenbereiche wie Sport oder Religion zu wenig Beachtung finden.
Bei der Unterstützung von Flüchtlingen bleiben die Regierungsfraktionen bislang zu vage. Der Lesben- und Schwulenverband fordert eine Ansprechperson für lesbische, schwule, bisexuelle und transgeschlechtliche Flüchtlinge beim Landesamt für Gesundheit und Soziales. Zugleich gilt es die entsprechenden Beratungsstellen der Nichtregierungsorganisationen zu stärken.
In Schreiben an Senatorin Dilek Kolat und Senator Mario Czaja haben wir dafür plädiert, dass das Ziel einer Überquote für lesbische, schwule, bisexuelle und transgeschlechtliche Flüchtlinge im Berliner Senat ernsthaft diskutiert wird.“
Gleich zu Beginn wurde der Antrag zum Thema Intersexualität vertagt. Ein Antrag der Fraktion der Linken zur Verfolgung von Homosexuellen in Deutschland seit 1945 wurde durch die Stimmen der schwarz-roten Landesregierung abgelehnt. Die Koalition hatte bereits im April eine ähnliche Vorlage beschlossen (queerpride berichtete).
Zum Antrag zur Fortentwicklung und besserer Ausgestaltung der Initiative Sexuelle Vielfalt solle es eine Diskussion geben. Gerade für das Regenbogenfamilienzentrum in Berlin und andere Einrichtungen, die ihre Projekte stärken und ausbauen wollen, wäre eine Weiterentwicklung wichtig. Hier stehen sich die Regierung aus CDU und SPD und die Opposition aus B90/ Grüne, Linke und Piraten ziemlich unvereinbar gegenüber. Die Regierung schrieb sich zwar folgenden Satz in die Koalitionsvereinbarung: „Die Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt“ und das „Bündnis gegen Homophobie“ werden fortgeführt und weiterentwickelt. Einrichtungen, Projekte und Angebote in den Bereichen Aufklärung, Beratung und Opferhilfe werden ausgebaut.“
Die Aufwendungen dafür im Berliner Landeshaushalt sanken innerhalb der vergangenen vier Jahre von 2,1 Millionen Euro auf nur noch knapp 500.000 Euro.
Einen Teil der Oppositionsanträge hierzu wurden in dieser Legislaturperiode auch umgesetzt. Aber nicht genug, dass die Finanzierungen aller wichtigen Projekte sichergestellt wären. So blieb es im Ausschuss heute auch nur bei einem Austausch der bekannten Positionen. Die Koalition rühmt sich für das Erreichte, die Opposition empfindet die erreichten Schritte als nicht ausreichend. Ergebnis war hier auch nur wie zu den anderen Themen im Ausschuss – alle Ausschussmitglieder der Koalition stimmen geschlossen gegen die Anträge der geschlossenen Opposition.