in

Umkehrkurse mit Nackttänzen: Hetero in drei Tagen!

In den Vereinigten Staaten von Amerika scheint es einen neuen Wettbewerb zu geben. Kurse, in denen Homos in drei Tagen zu Heteros werden sollen, boomen wie verrückt. An der Spitze dieser merkwürdigen Bewegung steht ein Mann, der einmal „ungewollte homosexuelle Regungen“ verspürt haben will.
Rich Wyler heißt er, und vor 16 Jahren ist er noch in der Gay-Szene von Los Angeles und San Francisco verkehrt. Aber: „Ich fühlte mich hin und her gerissen zwischen dem sexuellen Verlangen nach einem Mann und dem Wunsch, meine Ehe zu retten“, so der 55-jährige Mann. Er suchte dann Hilfe bei den Anonymen Sexaholikern, um seine Sexsucht zu überwinden, was anfangs aber nicht geklappt hat. Seine Erleuchtung erhielt Wyler dann durch das intensive Studium von Büchern des kalifornischen Psychologen Joseph Nicolosi, die die sogenannte „Reparativtherapie“ erläuterten.

Mit ihrer Hilfe sollen orientierungslose Schwule angeblich in zufriedene Heteros verwandelt werden, so verspricht es Nicolosi. Bücher, die ihm „Heilung verheißen haben“, so Wyler weiter. Und Bücher, die von an die einhundert Organisationen, die dasselbe versprechen, wie die Bibel verehrt werden. So auch von Stephen Baldwin (dem Bruder des Schauspielers Alec Baldwin), der ein Nicolosi-Buch kürzlich auf einer Massenveranstaltung von Homo-Heilern als eine Art Offenbarung lobpreiste (queerpride.de berichtete). Der Ansatzpunkt von Nicolosi ist einfach und zweifelhaft zugleich: Er führt homosexuelle Neigungen auf Defizite bei der Ausbildung geschlechtlicher Identität zurück, und wer das nicht verstehen mag, bekommt es in sogenannten „Therapiegesprächen“ regelrecht eingebläut.

Auch Wyler erinnerte sich auf einmal an die Gefühlskälte seines Vaters und die Scham der Mutter über seine pubertäre Entwicklung. Doch der Weg zur Heterosexualität ist alles andere als einfach, wie Teilnehmer berichten, die dem Irrsinn rechtzeitig entfliehen konnten. Die Rettungssuchenden mussten ihre Gesichter schwarz anmalen, es gab keine Toiletten sondern Eimer, geduscht werden durfte nur kalt, Nackttänze mussten über Stunden hinweg bis zur totalen Erschöpfung absolviert werden. Laut Wyler trat der erwünschte Effekt dann auch ein: „Ich hatte meine Homosexualität überwunden“, erzählt er in der Onlineausgabe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ), was nun zur Folge hat, dass er selbst „Heil-Seminare“ anbietet. Das alles ruft inzwischen aber auch immer mehr Kritiker auf den Plan. Troy Stevenson, Vorsitzender der Bürgerrechtsorganisation „Garden State Equality“: „Die Leute sollten ihre Kinder einfach akzeptieren, statt sie mit einer Schrott-Wissenschaft zu quälen“, so Stevenson ebenfalls in der FAZ.

Foto: © Jenny Mealing /CC-BY-SA 2.0 (via Wikimedia Commons)

Written by Holger Doetsch

Holger Doetsch ist Bankkaufmann, Redakteur und Autor verschiedener Bücher, unter anderem "Elysander" und "Ein lebendiger Tag". Im Journalismus kennt er alle Seiten des Tischs, er publiziert in mehreren Zeitungen und Onlinemedien, war Pressesprecher (u. a. in der letzten DDR-Regierung) und unterrichtet seit 1995 Journalismus, PR sowie Rhetorik an verschiedenen Hochschulen.

Regenbogenfamilien

Baden Württemberg: Aktionsplan gegen Diskriminierung Homosexueller

Glitter und Glamour beim Las Vegas Pride