Homosexualität in Asien – Welten treffen aufeinander. Während es in Kambodscha recht tolerant zugeht, ist Homosexualität in Vietnam noch immer ein Tabu.

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In Vietnam läuft Homosexualität diskret ab

So sagt ein vietnamesisches Sprichwort: „Ein Tropfen Blut ist mehr als ein Teich voll Wasser.“ Soll heißen: Die (heterosexuelle) Familie bedeutet alles, und das Individuum bedeutet wenig bis gar nichts. Die vietnamesische Familie ist eine Art Solidargemeinschaft und bietet die Gewissheit, dass niemand jemals alleine sein muss. Und so lernen die Kinder bereits sehr frühzeitig, dass sie ihre Eltern bis in den Tod begleiten und pflegen müssen. Wenn man in einer solchen Gemengelage einem Vietnamesen erklären will, was ein „Seniorenstift“ ist, das „Ehegattensplitting“ oder gar die „Homo-Ehe“, dann wird man todsicher immer scheitern. Mit Diskriminierung hat das nichts zu tun, sehr wohl aber mit einer Kultur, in der Homosexuelle nicht vorkommen, was wiederum erklärt, dass beim ersten CSD in der Zehnmillionen-Metropole Hanoi im Jahre 2012 gerade einmal 500 Lesben und Schwule auf die Straße gingen, und es in den vietnamesischen Großstädten kaum Homo-Bars gibt. Das „Golden Cock“ zum Beispiel in Hanoi ist eine Bar mit Billardtisch und ausladend-klobigen Hockhockern, die so tiefbraun sind wie die hässliche Fassade des Ladens. Diese Bar hat den Charme einer Jerichower Dorfkneipe, immerhin liegt sie inmitten eines szenigen Ausgehviertels westlich des Hoan Kiem See, an dessen Ufern gerne gecruist wird. Hat man einen Sexpartner gefunden, geht auch das sehr diskret ab. Man betritt getrennt ein Hotel oder fährt in die Pho Vong-Straße, wo sich etliche „Massage“-Salons befinden. Ist man drin in einem der Läden, dann wird man rasch gefragt: „Do you want a Girl or a Boy for Massage?“

Kambodscha: Homosexualität von höchster Stelle abgesegnet

Kambodscha ist ein Königreich, und der König ist schwul. Jeder weiß das im Land, und niemanden juckt es. Schon der frühere König, der inzwischen verstorbene Norodom Sihanouk, ließ seine Sympathie für Homosexuelle auch öffentlich durchschimmern: „Homosexualität ist von Gott gegeben, denn Gott liebt eine breite Palette von Geschmäckern“, sagte er einmal in einem Interview, und mit dieser Erkenntnis war der alte König, der in Kambodscha bis heute geradezu verehrt wird, weiter als hierzulande so mancher konservative Politiker. Sein Sohn und Nachfolger Norodom Sihamoni (52) hat nie einen Hehl aus seiner Homosexualität gemacht und erfüllt darüber hinaus auch noch so einige Klischees. So ließ es sich in Prag und Paris zum Ballett-Tänzer ausbilden und gründete die Tanzgruppe „Ballet Deva“. Sein Lebenspartner soll ein deutscher Unternehmer sein. Bei alledem verwundert es nicht, dass die hippen Gaykneipen nur einen Steinwurf vom Königspalast entfernt liegen und es in Phnom Penh in jedem Jahr einen schrillen, lauten Christopher Street Day (CSD) gibt. Doch leider gibt es auch in Kambodscha Probleme, denn Premierminister Hun Sen sieht das alles nicht so locker. Als sich seine Tochter als Lesbe outete, verstieß er sie aus der Familie und verleugnet sie seitdem.

Siem Reap: Das Epi-Zentrum der Gays

Das Hauptreiseziel der Homosexuellen in Kambodscha ist allerdings nicht Phnom Penh, sondern Siem Reap (unser Bild zeigt die in der Nähe liegenden Tempel von Angkor Wat, die zum Weltkulturerbe gehören). Dort erinnert die „Pub Street“ zu später Stunde an den „Ballermann“ auf Mallorca, und die Gaybars der Stadt, die „Linga-Bar“ etwa, das „Under Construction“ oder „Miss Wong“ lassen sich so auch in New York oder London finden. In „The Wine Station“ kann man zwischen zwei Dragshows hübsche Kambodschaner lachend und knutschend mit älteren Europäern und Amerikanern beobachten, doch auch hier gilt: Prostitution ist streng verboten. Allerdings sollte sich der schwule Tourist nicht wundern, wenn ein Sexpartner „danach“ sehr freundlich um ein paar Dollar für die Miete oder für eine neue Hose bittet. Verwunderlich ist das nicht in einem Land, das nicht nur sehr schön ist, sondern auch sehr arm. Die Jungen in Siem Reap wissen, dass die Männer, die sie begehren, in Hotels schlafen wie etwa das „Amansara“, das „Elephant“ oder das „Raffles“, wo eine Nacht soviel kostet wie das Jahresgehalt eines Kambodschaners. Die Jungen von Siem Reap kennen also den Riss der Ungerechtigkeit, den es zwischen ihnen und ihren Gästen gibt. Und diesen Riss sollten auch die Gäste kennen.

Informationen: Vietnam Airlines (www.vietnamairlines.com) fliegt von Frankfurt direkt nach Hanoi, preiswert ist Aeroflot (Zwischenhalt in Moskau / www.aeroflot.ru). Von Hanoi und Saigon gibt es Direktflüge nach Phnom Penh und Siem Reap, diese können allerdings ziemlich teuer sein.

Bars in Vietnam: „Golden Cock“, Hanoi, Bao Khanh Street. In der Nähe befindet sich am Hoan Kiem See eine Cruisingarea.

In der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh wechseln die Gay-Bars ständig. Einfach an der Rezeption fragen. Homosexuellen Männern kann man die gayfreundlichen Hotels „Bougainvillier“ empfehlen (teuer) oder das „Lucky Ro“ (preiswert), wo der Autor dieses Beitrags übernachtet, wenn er in Phnom Penh ist. 277 Sisowath Quay („Bougainvillier“) beziehungsweise 110 Straße Nr. 122D („Lucky Ro“).

Bars in Siem Reap: „Wine Station“, Street 7. www.thestationwinebarsiemreap.com; „Linga“, Pub Street (The Passage). www.lingabar.com; „Miss Wong“, The Lane (etwas versteckt nahe der Pub Street. Keine Website); „Under Construction“, Wat Bo Road.

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Bild: © Bjørn Christian Tørrissen /CC-BY-SA 3.0 (via Wikimedia Commons)