Homophobie, eine feindliche Einstellung zu Homosexualität, ist weit verbreitet unter Jugendlichen und „schwul“ eines der am häufigsten gebrauchten Schimpfwörter auf dem Schulhof. Verständnis sollte aus dem Umfeld und aus der eigenen Familie kommen – doch gerade die Eltern junger Homosexueller kommen mit der Tatsache oft selbst nicht klar.
Die „normale“ Rolle ist Heterosexualität
Vier bis sechs Mal mehr homosexuelle Jugendliche nehmen sich das Leben als heterosexuelle Altersgenossen. Ein Fakt, der Aufklärungsarbeit in Schulen wichtig, gar unersetzlich, macht. „Schon beim Kennenlernen gehen wir davon aus, dass der Andere heterosexuell ist“, sagt Sozialpädagogin Kimi Klem, die zusammen mit ihrem Kollegen Konrad Merkt für das Bremer Rat-und-Tat-Zentrum Seminare zum Thema „sexuelle Orientierung und Diskriminierung“ an Schulen führt. Es sei ein ungeschriebenes Gesetz, sich auf eine eindeutige Rolle festlegen zu müssen. Die eindeutige „normale“ Rolle ist Heterosexualität, welche automatisch der Homosexualität die untergeordnete, ausgegrenzte Rolle zuspielt. Im großstädtischen Bereich ist dies immer weniger der Fall, gesellschaftliche Akzeptanz für homosexuelle Beziehungen erhält immer mehr Einzug in den Alltag. Diese Akzeptanz hat es allerdings noch lange nicht in die ländlichen Gebieten geschafft.
„Er schlug auf mich ein und schrie, dass ich nicht mehr sein Sohn sei“, berichtet Florian R. aus Österreich. „Er“ ist sein Vater, der erfuhr, dass sein 17-jähriger Sohn einen bekenndenden Schwulen im örtlichen Café datete. Die Nachricht breitete sich in der Gemeinde wie ein Laubfeuer aus und erreichte schließlich den Vater. Heute ist Florian 23 und berichtet über den Ausraster seines Vaters, der sich aufgrund der Nachricht betrank, seinen Sohn aus dem Schlaf riss und auf ihn einprügelte. Schon am nächsten Tag zeigte er Reue und entschuldigte sich tränenüberströmt bei seinem Sohn.
Doppelleben als Ergebnis von Homophonie
Doch auch ein Leben in der Stadt bedeutet nicht gleich Akzeptanz auf ganzer Linie. Natürlich findet Diskriminierung in den großen Städten statt. Oftmals wird hier sogar eine Art „Doppelleben“ von den Betroffenen aufgebaut. Das ständige Erfinden von Notlügen und das permanente Geheimhalten bestimmter Dinge führt auf Dauer bei vielen zu psychischen Erkrankungen.
Häufigste Art der Diskriminierung ist immer noch die verbale, die die Betroffenen besonders hart treffen kann. Schimpfwörter wie „schwule Sau“, „Schwuchtel“ oder „Kampflesbe“ sind keine Seltenheit. Jugendliche, die aufgrund ihrer Homosexualität gehänselt oder gemieden werden, reagieren in jeder Situation vollkommen unterschiedlich. „Über die Hälfte der jugendlichen Homosexuellen haben Diskriminierung erfahren“, weiß Konrad Merkt. „Von denen, die sich geoutet haben und zum Beispiel beschimpft wurden, hat keiner Unterstützung durch Mitschüler erfahren.“ Wahrscheinlich ebenso wenig wie von den eigenen Eltern und Freunden.