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Hoffnung für LGBT in der Ukraine

© vtitarchuk /CC0 Public Domain

Aus Verzweiflung wird Hoffnung! So könnte die Überschrift des vor kurzem erschienenen Berichtes über den Alltag von Schwulen, Lesben, Bi- und Transsexuellen in der Ukraine lauten. Vorgestellt wurde die Jahreszusammenfassung von der Organisation Nash Mir aus Kiew. Auf den mehr als dreißig Seiten wird aufgezeigt, wie es um Justiz, Politik, Medien, Kirchen und Gesellschaft steht. Auch Diskriminierung und Gewalt, sowie das Leben in den besetzten Gebieten spielten eine wichtige Rolle bei der Analyse.

Insgesamt werden in dem Bericht 54 Diskriminierungs- und Gewaltfälle dargelegt, darunter der Brand im Zhowten-Kino in Kiew, in dem ein queeres Filmfestival lief, ein Überfall auf einen Club in Odessa, in dem ein Drag Queen Contest stattfand, die Untätigkeit der Polizei, homofeindliche Aussagen von Politikern wie Vitali Klitschko, dem Bürgermeister von Kiew, sind dafür nur die augenfälligsten Belege. Homophobie ist in der ukrainischen Gesellschaft sehr verbreitet und gehört, leider, zum Alltag vieler Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender. Mit Ausnahme von einigen LGBT-Aktivistinnen und -Aktivisten richten sich die meisten im Privaten ein und vermeiden es aufzufallen.

Chancen durch Poroschenko und die EU

In dem Europa-Kurs der Regierung, sieht Nash Mir aber auch Chancen. Anti-Homo-Gesetze, wie es sie in Russland gibt, sind mit den jüngsten Parlamentswahlen in der Ukraine obsolet geworden. Man berät aktuell an einem Entwurf zu einem Antidiskriminierungsgesetz, welches sexuelle Minderheiten am Arbeitsplatz unterstützen soll. Die EU möchte diesen Schutz noch bevor die Visumspflicht für die Ukraine fällt. Bisher gelang es der ukrainischen Regierung aber stets, den Schutz vor Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und Gender-Identität aus dem Gesetz herauszuhalten. Ein Umfrage der GfK zeigt, dass 36,6 Prozent aller Ukrainer gegen den Diskriminierungsschutz sind und nur 34,4 Prozent dafür.

Auf der annektierten Krim gelten bereits die russischen Propagandagesetze, in den „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk ist Homosexualität verboten. Die Kiewer LGBT-Organisation Insight hat für Flüchtlinge aus dem Osten und von der Krim Schutzunterkünfte eingerichtet. Den politischen Parteien fällt der Umgang mit sexuellen Minderheiten schwer. Selbst vermeintlich europäische Politikerinnen und Politiker verweisen auf traditionelle Familienwerte. Nur die Partei des ukrainischen Präsidenten Poroschenko, verurteilt Diskriminierung und Gewalt gegenüber sexuellen Minderheiten. Zwar ist diese auch die stärkste Fraktion im Parlament, aber den Worten folgten bisher keine Taten.

Eine positive Entwicklung sieht Nash Mir bei den ukrainischen Medien. Diese berichten immer neutraler über LGBT, dies führt zu Offenheit und mehr Differenziertheit im Umgang mit dem Thema.

KyivPride und LGBT-Hotline

Der Krieg überschattet sämtliche Bereiche im Land, so auch die Arbeit der LGBT-Organisationen. Dies hat auch wirtschaftliche Gründe. Weil Geldgeber neue Schwerpunkte setzen und die Währung verfällt, fehlt es den Vertretern der Zivilgesellschaft nun an Mitteln, um ihre Projekte zu finanzieren. So zieht sich der Global Fund aus der HIV-Prävention im Land zurück. Gleichzeitig mangelt es nicht an Engagement und Ideen. Mit T-ema ist die erste rein transgender-orientierte Initiative entstanden; unter dem Namen Tergo existiert inzwischen auch eine Gruppe für Eltern, die sich für die Rechte ihrer homo-, bi- und transsexuellen Kinder stark machen. Ihre Themen macht die Community mit dem „National LGBT-Portal of Ukraine“ (NGO Fulcrum) und der Website der Organisation Gay Alliance Ukraine sichtbar. Es liefen Antidiskriminierungskampagnen, es gibt neuerdings eine LGBT-Hotline. Auch der KyivPride soll 2015 wieder stattfinden.

„Akzeptanz gegenüber LGBT ist eines der wichtigsten Merkmale moderner, westlicher Gesellschaften“, sagen Andrii Kravchuk und Oleksandr Zinchenkov. Die beiden haben den Jahresbericht verfasst. Genau diese Akzeptanz unterscheidet diese Gesellschaften von den autoritären Ländern, wie Russland. Ihre persönliche Schlussfolgerung: „Auf dem Weg nach Europa führt nichts an einer sozialen und rechtlichen Einbindung sexueller Minderheiten vorbei.“ Um die Ukraine dabei zu unterstützen, geben die Autoren konkrete Empfehlungen an die Regierenden ab, etwa die Verabschiedung eines Antidiskriminierungsgesetzes und die Einführung einer registrierten Partnerschaft. Sie fordern Aufklärung in den Schulen und Behörden und einen menschlicheren Umgang mit Transgendern. Denn entweder es gelinge, das Land zu reformieren, oder die Europäisierung der Ukraine ist gescheitert.

Written by Marco Steinert

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