Nicht wenige in der Berliner LGBT-Szene fragen sich, wie es mit dem CSD-Aktionsbündnis weitergeht. Eine kritische Analyse legt einen Schluss nahe: Das Klima ist vergiftet .
CSD-Aktionsbündnis : Mieser Kontostand, miese Stimmung
Knapp 20.000 Euro Schulden hat das Aktionsbündnis, was bei unaufgeregter Betrachtung mit Blick darauf, was am 21. Juni 2014 als Gegenbewegung zum „Berliner CSD e. V.“ auf die Beine gestellt worden ist (Foto), nicht wirklich viel ist. Doch wollen diese 19.229,03 Euro natürlich abgetragen werden, und dies geschieht durch Darlehen, mit deren Hilfe „alle ursprünglichen Rechnungen bereits bezahlt worden sind“, so Ralph Ehrlich in einem queerpride.de-Gespräch. Doch genau hier beginnt das Problem, denn wer diese Darlehensgeber sind, wird wie ein Staatsgeheimnis gehütet oder aber dazu benutzt, Ralph Ehrlich zu diskreditieren. Klar scheint nur zu sein, dass der ehemalige Verlagschef Bruno Gmuender zu den Darlehensgebern gehört, und zwar mit 2.000,00 Euro. Im Vorfeld des CSD habe er bereits 800 Euro gespendet, sagt einer, der es wissen muss. Ob das alles wirklich so ist, ist allerdings unklar, Gmuender dementiert das nicht und bestätigt es auch nicht. Ansonsten habe man mit den Darlehensgebern „Stillschweigen vereinbart“, so Ehrlich. Über die Gründe mag er sich nicht auslassen, sehr wohl aber über das gestreute Gerücht, wonach die von ihm geleitete Berliner Aids Hilfe (BAH) einer der Darlehensgeber sei, was aus verschiedenen Gründen heraus gesetzeswidrig wäre: „Vollkommen falsch, die BAH ist nicht Darlehensgeber!“, stellt Ehrlich klar, die BAH habe allenfalls dadurch geholfen, indem man Räume für notwendige Sitzungen zur Verfügung gestellt habe. Ansonsten lässt er es sich nur noch entlocken, dass es sich bei den Darlehensgebern „ausschließlich um Privatpersonen handelt“, und sämtliche Darlehen zinslos gewährt worden seien. Er hoffe darauf, dass die Schulden „in spätestens zwei Monaten“ getilgt sein werden. Seinen Kritikern im CSD-Aktionsbündnis antwortet Ehrlich mit der Überzeugung, „dass das oft diejenigen sind, die nicht gerade durch Fleiß auffielen.“
„Ehrlich? Der Nachname ist ein Witz!“
Transparenz? Fehlanzeige!
Neben atmosphärischen Störungen sind es harte Fakten, die das Aktionsbündnis in der öffentlichen Wahrnehmung zunehmend in eine Schieflage geraten lassen. So ist die Geheimniskrämerei um Spender und Darlehensgeber etwas, das vollkommen diametral zum Anspruch des Aktionsbündnisses steht, vollkommene Transparenz zu gewährleisten, wie es in einem Protokoll über das 4. Treffen am 11. Mai 2014 betont wird. „Es gibt bis heute Spender, die uns nicht bekannt sind!“, sagt einer aus dem ehemals engeren Kreis und nennt als Beispiele die Finanzierung der Bühne sowie „zweimal 1.000 Euro“. Nicht wenige fragen sich, warum Spender und Darlehensgeber nicht genannt werden wollen und erinnern an die CDU-Spendenaffäre, in deren Verlauf Helmut Kohl ähnlich „verlogen und geheimniskrämerisch“ vorgegangen sei. Verwunderlich auch: Im Protokoll über jenes 4. Treffen am 11. Mai 2014 steht in TOP 3: „Abstimmung: Gemeinsamer Zugriff auf Konto haben Ralph Ehrlich und Tobias Zimmermann – einstimmig angenommen.“ Problem: Zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich bereits ab, dass sich Tobias Zimmermann aus gesundheitlichen Gründen aus dem operativen Geschäft des Aktionsbündnisses zurückziehen würde, und in dieser Zeit hatten Zimmermann und Ehrlich, wie dieser es uns bestätigt, geklärt, dass Ehrlich künftig alleine zeichnungsberechtigt ist, was bis heute gilt. Alle Aktionsbündler, mit denen der Autor dieses Beitrags sprach, zeigten sich überrascht von dieser Vereinbarung, was nachvollziehbar ist, denn Zehra Can schrieb in einer Mail am 4. Juni 2014 an 49 Empfänger lediglich, „(…) ist Tobias aus persönlichen gründen nicht mehr in der lage uns so intensiv wie bisher zu unterstützen. Wir bitten euch alle dieses so zu Akzeptieren und von weiteren Nachfragen abzusehen.“ Dass dies Folgen für die Unterschriftsberechtigung hat, schrieb Zehra Can in dieser Mail nicht, und es scheint auch diesbezüglich niemand nachgefragt zu haben. Im übrigen wurde dann flugs verbreitet, Ehrlich habe Zimmermann „rausgemobbt“. „Unsinn!“, sagt Ehrlich, und im übrigen habe er von sich aus das Aktionsbündnis über die Einzelverfügungsberechtigung über das Konto informiert.
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