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Maßnahmen gegen Homophobie – Kritik an Theater

Maßnahmen gegen Homophobie - Friedrichstadtpalast Berlin
© Götz Schleser

Maßnahmen gegen Homophobie – Die Bundesregierung übt Kritik an der Ankündigung des Berliner Theaters „Friedrichstadt-Palast“ (Foto), künftig keine Diplomaten aus 83 homofeindlichen Ländern mehr zu Premieren einzuladen.

Homophobie: 83 Diplomaten unerwünscht

Nicht nur im Berliner Kulturleben schlug in diesen Tagen die Nachricht ein wie eine Bombe: Der „Friedrichstadt-Palast“ ergreift konkrete Maßnahmen gegen Homophobie und will ab dem 23. Oktober, wenn „The Wyld“ zum ersten Mal aufgeführt wird, 83 Diplomaten aus Ländern, die homofeindlich sind, nicht mehr zu Premieren einladen. Intendanten in anderen Städten denken über ähnliche Maßnahmen nach. Das größte Revuetheater Europas hat für die Zukunft extra eine „pinke Liste“ erstellt, auf denen die Namen der Diplomaten steht, in deren Ländern Homosexuelle verfolgt werden. Diese seien als „Ehrengäste nicht erwünscht, solange in ihren Staaten Homosexuelle drangsaliert, eingesperrt oder sogar hingerichtet werden“, vermeldete das Theater. Die Bundesregierung kritisiert das nun.

Auch auf der „pinken Liste“: Russland

Der Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Christoph Strässer (SPD), sagte der „Berliner Zeitung“, Maßnahmen gegen Homophobie seien „ein zentraler Bestandteil unserer Menschenrechtspolitik.“ Und weiter: „Ich begrüße daher, wenn auch Kulturschaffende die Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung, die in vielen Teilen der Welt leider noch anzutreffen ist, in aller Deutlichkeit kritisieren.“ Das ist nett, hat aber wenig Wert, wenn man weiterliest. Strässer hält nämlich die Ankündigung des „Friedrichstadt-Palast“, bestimmte Botschaften künftig nicht mehr einzuladen, „für falsch“. Damit würden „wir eine willkommene Gelegenheit vertun, das Thema Homophobie gegenüber unseren Partnern zu thematisieren. Wir können für unsere Ziele nur werben, indem wir den Dialog aufrechterhalten“, so der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung weiter.

Maßnahmen gegen Homophobie: Andere könnten nachziehen

Leider sind Hinweise der Kollegen der „Berliner Zeitung“ nicht bekannt, wonach es zum Thema „Homophobie“ keinen Dialog, den sich Strässer so sehr wünscht, mit eben jenen Ländern gibt, die auf der „pinken Liste“ stehen. Insofern lässt sich dieser „Dialog“ auch schlecht „aufrechterhalten“, weshalb Strässers Parteigenosse Tom Schreiber sagt: „Das Theater setzt ein Zeichen, das ist großartig.“ Schreiber, schwuler Parlamentarier im Berliner Abgeordnetenhaus, begrüßt es also ebenso wie die LGBT-Community, wenn Intendant Berndt Schmidt davon spricht, man wolle Premieren künftig „nicht mit Vertretern feiern, die Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung unterdrücken, drangsalieren oder kriminalisieren.“ Ein Schnellschuss ist das übrigens nicht, der „Friedrichstadt-Palast“ engagiert sich bereits im 2009 gegründeten „Bündnis gegen Homophobie“. Das Theater boykottiert auch seit geraumer Zeit Anfragen für russische Gastspiele und Kooperationen, um so ein Zeichen gegen das in Russland geltende Anti-Homosexuellen-Gesetz zu setzen. Somit können Theaterbesucher ab dem 23. Oktober, wenn die Premiere von „The Wyld“ stattfindet, davon ausgehen, dass sie nicht neben russischen, ugandischen, ägyptischen oder saudiarabischen Botschaftern sitzen müssen.

Written by Holger Doetsch

Holger Doetsch ist Bankkaufmann, Redakteur und Autor verschiedener Bücher, unter anderem "Elysander" und "Ein lebendiger Tag". Im Journalismus kennt er alle Seiten des Tischs, er publiziert in mehreren Zeitungen und Onlinemedien, war Pressesprecher (u. a. in der letzten DDR-Regierung) und unterrichtet seit 1995 Journalismus, PR sowie Rhetorik an verschiedenen Hochschulen.

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